Verhaltensregeln für Online-Meetings
Ein so genannter "Code of Honor" für digitale Meetings erläutert technische Rahmenbedingungen sowie Verhaltensregeln für die Interaktion. Da manche Personen empfindlich auf das Wörtchen "Regeln" reagieren, können Sie den Namen auch positiv formulieren, zum Beispiel:
- Leitplanken für digitale Gespräche
- Online-Meeting-Gepflogenheiten
- Richtschnur für Videocalls
- Grundsätze oder Prinzipien für Videokonferenzen
Die folgenden Punkte sollte der "Code of Honor" regeln:
Kamera an: Ja oder nein?
Hier müssen wir als Erstes zurück zu der Frage: Was ist der Anlass und das Ziel für unseren Call? Und: Wie viele Teilnehmende sind dabei? Wenn Sie nur Informationen durchgeben und keine Interaktion sinnvoll ist, kann die Kamera der Teilnehmenden auch aus bleiben. Sonst irritiert es Sie nur unnötig, in so viele reaktionslose Gesichter schauen zu müssen, und die Teilnehmenden strengt es nur unnötig an. Eine Kontrolle, ob diese wirklich zuhören oder mental ganz woanders sind, ist ab einer gewissen Anzahl sowieso nicht mehr möglich. Falls es für den Gesprächsverlauf hilfreich ist, sich gegenseitig zu sehen, dann sollte das auch für alle gelten – und entsprechend in den Regeln stehen. Ausreden wie "Oh, wusste ich nicht, ich habe gar keine" oder "Ach, meine Webcam ist schon lange kaputt" gelten nicht. Es gibt fantastische Webcams, die sehr preiswert sind. Und alternativ besteht meistens die Möglichkeit, sich zusätzlich mit dem Smartphone einzuwählen und das Video darüber laufen zu lassen.
Technikcheck vorab
Auch wenn es mühselig sein kann: Der gemeinsame Technikcheck ist ein Muss. Wie das stattfinden soll, können Sie festlegen. Ob Sie in Kurz-Calls einmal die Teilnehmenden einzeln anrufen und schauen, ob alles reibungslos verläuft, oder ob Sie eine Art Telefonkette mit ihnen machen, entscheiden Sie: In letzterem Fall ist jede Person zweimal gefragt – einmal als anrufende und einmal als diejenige Person, die angerufen wird. Wer noch weitere Fragen zur Technik hat, sollte sich vorab schriftlich an Sie wenden. Damit gewährleisten Sie hinterher ein störungsfreies und reibungsloses Onlinegespräch, da sich alle schon vorab mit dem System auseinandergesetzt haben.
Umgang mit technischen Problemen
Denken Sie wie der Pilot Sullenberger. Haben Sie immer einen Notfallplan in der Schublade und kommunizieren Sie diesen auch an die Teilnehmenden: Was machen wir, wenn es wider Erwarten zu technischen Problemen kommt? Warten oder stoppen? Es ist eine Tortur für alle Beteiligten, die minutenlang warten müssen, während die moderierende Person versucht, einer teilnehmenden Person mit der Technik zu helfen. Ich habe schon von Fällen gehört, wo das Prozedere eine halbe Stunde gedauert hat. Eine gute Regel ist: Wenn das Problem nach drei bis fünf Minuten noch nicht behoben ist, lösen Sie sich von dem Problem und machen mit Plan B weiter. Das kann sein, dass Sie abbrechen, wenn die Qualität des Meetings stark eingeschränkt ist. Das Meeting kann zu einem anderen Zeitpunkt fortgesetzt werden. Oder Sie verzichten auf die betroffene Person und geben die Informationen im Anschluss an sie weiter. Oder diese Person ist bei der anstehenden Übung nur passiv dabei.
Meeting aufzeichnen
Wenn Sie das Meeting aufzeichnen möchten, dann müssen Sie die Anwesenden darüber informieren. Wenn Sie dies bereits vorab kommunizieren, kommt es nicht zu unerwarteten und unangenehmen Reaktionen im Online-Meeting. Falls jemand eine Aufzeichnung partout nicht wünscht, muss diese Person sich vorab bei Ihnen melden. Selbst wenn dieser Punkt in den Regeln eindeutig geklärt ist, sollten Sie als moderierende Person zu Beginn des Onlinegesprächs erneut darauf hinweisen, dass das Meeting ab jetzt aufgezeichnet wird.
Stumm schalten (mute)
Wie möchten Sie das Stummschalten handhaben? Bei großen Gruppen ist es unbedingt notwendig, dass Sie alle auf stumm stellen. Das lässt sich in der Regel im Videokonferenzsystem auch so einstellen. Sonst entstehen zu viele Hintergrund- und Nebengeräusche und die Gesprächsqualität leidet stark darunter. Sobald alle stumm gestellt sind, haben Sie es mit der Moderation leichter und können immer nur diejenige Person auf "laut" schalten, die gerade etwas beitragen soll beziehungsweise möchte. Bei kleineren Gruppen können Sie die Verantwortung auch komplett an die Beteiligten abgeben, sodass sich jeder selbst stumm und laut schalten kann. Aber: Kommunizieren Sie dies. Solche kleinen, aber feinen Informationen geben Sicherheit und schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre.
Wie wir miteinander reden
Je nach Gesprächsart wird mehr oder weniger miteinander diskutiert und besprochen. Um Zwischenfragen zu vermeiden, wenn Sie im "Präsentationsfluss" sind, sollten Sie in der Agenda eintragen, wann Fragen gestellt werden können beziehungsweise wann Diskussionsrunden vorgesehen sind. Zum Beispiel: "Nach jedem Themeninput haben wir ein fünfminütiges Zeitfenster für Fragen. Bitte notieren Sie sich Ihre Fragen während des Vortrags, damit wir sie dann besprechen können." Das verringert das Risiko der Frustration und auch Nervosität bei den Teilnehmenden, da von vornherein klar ist, wann sie zu Wort kommen werden.
Für die Fragerunden sollten ebenfalls Ablaufregeln vorab kommuniziert werden. Sonst passiert schnell Folgendes: Zuerst herrscht eine Friedhofsatmosphäre. Keiner sagt etwas. Dann fangen zwei oder drei Personen gleichzeitig an zu reden. Da sie merken, dass sie gleichzeitig reden, hören alle auf zu reden. Dann sagt erst mal wieder keiner etwas, bis sich jemand beziehungsweise mehrere gleichzeitig bemühen, jemandem zu sagen, dass er etwas sagen soll. Das ist manchmal ein bisschen witzig, in der Regel aber eher nervig und belastet den Gesprächsfluss.
Wie können die Regeln aussehen, um Fragerunden Struktur zu geben? Gehen wir davon aus, Sie haben umfangreiche Informationen zu einem Thema gegeben und öffnen jetzt die Fragerunde. Dann haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Fragen in den Chat schreiben: Jede Person, die eine Frage hat, stellt diese im Chat. Sobald Sie zur Beantwortung der Fragen übergehen, gehen Sie im Chat chronologisch vor. Zuerst sagen Sie, wer die Frage gestellt hat. Anschließend lesen Sie die Frage vor und beantworten sie. Diese Option ist vor allem dann gut, wenn Sie viele Teilnehmende haben. Dann können die Personen auf stumm gestellt bleiben. Wenn Sie einen Co-Moderator haben, kann er sie bei der Moderation der Fragen unterstützen. Er sortiert die Fragen vor und bündelt sie. Anschließend stellt er sie Ihnen, wie in einem Interview. Zum einen wirkt das sehr professionell. Zum anderen wird so vermieden, dass Sie sich immer wieder neu orientieren müssen und manche Fragen mehrmals vorlesen.
- Daumen hoch im Chat: Jede Person, die eine Frage hat, schreibt ein "Daumen hoch"- Zeichen oder ein X in den Chat. Diese Variante funktioniert gut, wenn die Teilnehmenden nicht von Ihnen auf stumm geschaltet sind. Die Reihenfolge, in der das Daumen-Icon im Chat auftaucht, ist auch die Reihenfolge für die Fragerunde. So ist direkt klar, wer wann mit seiner Frage dran ist. Keiner muss überlegen, wann er zu Wort kommt – oder ob er sich überhaupt traut, eine Frage zu stellen. Bei diesem Vorgehen gilt zudem die Regel: Erst der Name, dann die Frage. Die Person, die an der Reihe ist, meldet sich zuerst mit ihrem Namen. Dann äußert sie ihr Anliegen. "Andrea. Ich habe eine Frage zu der Übersicht im ersten Slide." Das ist bei sehr kleinen Gruppen noch nicht notwendig. Ab sechs Personen kann es sinnvoll sein.
- Hand sichtbar in die Kamera heben: Ohne Benutzung des Chats – und für kleine Gruppen, bei denen jeder mit Video im Call ist – kann physisch die Hand gehoben werden. Dann legen Sie als moderierende Person die Reihenfolge fest und rufen die Teilnehmenden nacheinander auf.
Zeiteinhaltung
Halten Sie sich an Ihre Zeitfenster, wenn Ihre Agenda eng getaktet ist. Sie können in den Regeln vorab kommunizieren, wie viel Zeit für die Fragerunde zur Verfügung steht. Jede Person, die in der Fragerunde nicht zu Wort kommen konnte, soll ihre Frage bitte in den Chat schreiben, damit Sie diese im Anschluss schriftlich beantworten können. Das setzt natürlich voraus, dass Sie den Chat zum Ende des Calls sichern. Oder Sie geben Ihre E-Mail-Adresse an und bitten alle Teilnehmenden, die noch offenen Fragen an Sie zu schicken. Dann können Sie im Nachgang eine Übersicht mit den noch eingereichten Fragen und entsprechenden Antworten an alle versenden.
Ablenkungen werden auf ein Minimum reduziert
Machen Sie die Teilnehmenden vorab auf mögliche Störfaktoren aufmerksam, die sie ausschalten können. Denn Sie sind super vorbereitet und es ist sehr unangenehm, wenn während Ihrer Ausführungen plötzlich das Handy eines Teilnehmenden klingelt, der nicht stumm geschaltet ist. Oder der Computerton einer Teilnehmerin regelmäßig alle darüber informiert, dass eine E-Mail eingegangen ist.
Hinweis auf Pufferzeiten
Der letzte Punkt auf Ihrer Einladung sollte der Hinweis sein, ca. zehn Minuten Pufferzeiten vor und nach dem Gespräch einzuplanen. Dadurch gewährleisten Sie, dass die Teilnehmenden nicht von einem Onlinecall in den nächsten hüpfen, ohne sich kurz zu sammeln, eine kleine Denkpause zu machen und sich emotional und technisch auf den Videocall vorzubereiten. Das ist ein weiterer häufiger Fehler: Wir messen Onlineterminen weniger Bedeutung bei und planen manchmal ein Meeting nach dem anderen. Wenn Sie in der E-Mail darauf hinweisen, sparen Sie sich später Wartezeit, weil Person A noch das USB-Kabel anschließen muss oder Person B das nötige Onlinetool noch nicht installiert hat. Alternativ können Sie das Meeting von vornherein länger ansetzen, überpünktlich fertig werden und die Anwesenden damit überraschen, dass sie zehn Minuten Zeit von Ihnen geschenkt bekommen.
Buchtipp: Der obigen Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Online-Meetings, die begeistern!" von Andrea Heitmann entnommen, das im Mai 2021 bei Haufe erschienen ist. Sie können das Buch im Haufe-Shop bestellen. |
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