Die Anzahl der Ehescheidungen lag bei 137.400 in 2022 – 3,8 % weniger als im Jahr davor. Die Zahl der Scheidungen mit Ausnahme des Jahres 2019 ist seit 2012 kontinuierlich gesunken. Allerdings stieg die Zahl der Eheschließungen im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um rund 33.000 oder 9,2 % auf rund 391.000, nachdem sie im Jahr 2021 auf einen Tiefststand gefallen war.
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) war die Anzahl der Scheidungen zuletzt im Jahr 1992 mit 135.000 niedriger. Gegenüber 2016 ist die Zahl der Scheidungen um knapp 9.000 oder 5,5 % zurückgegangen. Einen stärkeren prozentualen Rückgang gegenüber dem Vorjahr hatte es nach der deutschen Einheit nur 2005 mit -5,6 % gegeben.
1. Vermögensauseinandersetzung (insbesondere Zugewinnausgleich)
Bei der Vermögensauseinandersetzung sind zahlreiche Varianten denkbar, deren Rechtsfolgen unterschiedlich sind.
a) Realteilung
In der Praxis gibt es immer wieder Fälle, in denen die Eheleute das gemeinsame Vermögen – vergleichbar einer Erbengemeinschaft – untereinander aufteilen.
Beispiel:
Die Eheleute M und F bauten während der Ehezeit gemeinsam ein Einfamilienhaus (aktueller Wert: 400.000 EUR); außerdem gründeten sie gemeinsam eine gewerblich tätige GbR (Buchwert 100.000 EUR/aktueller Wert 400.000 EUR). Im Rahmen der Ehescheidung einigen sie sich dahingehend, dass F das Einfamilienhaus bekommt. Hierzu überträgt M seine Hälfte auf F. Im Gegenzug überträgt F ihren Anteil an der GbR auf M.
Der BFH lehnt es ab, die vom Großen Senat des BFH aufgestellten Grundsätze über die Erbauseinandersetzung mit der Möglichkeit einer gewinnneutralen Realteilung auf die Aufteilung gemeinschaftlichen Vermögens bei Beendigung einer Zugewinngemeinschaft anzuwenden. Damit sind für die Auseinandersetzung die Grundsätze über den Tausch anwendbar (§ 6 Abs. 6 EStG).
Lösung:
F veräußert ihren Anteil an der GbR an M. Der Kaufpreis besteht in der Übertragung der Hälfte des Einfamilienhauses. In der Konsequenz muss F einen Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Höhe von 150.000 EUR versteuern.
Eine entgeltliche Veräußerung kann auch vorliegen, wenn ein Ehegatte Schulden übernimmt und im Gegenzug ein Wirtschaftsgut erhält.
Trägt eine solche Steuerlast nur der "veräußernde" Ehegatte, führt das, auf das Gesamtbild der Vermögensauseinandersetzung abgestellt, zu erheblichen Ungerechtigkeiten. Nicht immer lässt sich die Steuer vermeiden, aber in einer Scheidungsfolgenvereinbarung kann geregelt werden, wie die zu zahlende Steuer unter den Ehegatten im Innenverhältnis getragen wird.
b) Schenkung
Es kann vorkommen, dass ein Ehegatte aus einer moralischen Verpflichtung heraus auf gemeinsam erworbenes Vermögen verzichtet oder die Eheleute die Schenkung während der Ehe vornehmen, um die negativen Folgen eines Zugewinnausgleichs zu verhindern. In diesem Fall liegt grds. eine freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor, wenn die Übertragung nicht in einem gegenseitigen Austauschverhältnis steht.
Regeln allerdings zukünftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell und sehen sie für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vor, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind ("Bedarfsabfindung"), liegt keine freigebige Zuwendung vor.
Der BFH hat dieses entschieden. Es ging um folgenden Sachverhalt:
Die Klägerin schloss anlässlich ihrer Eheschließung mit ihrem früheren Ehemann E am xx.xx.1998 einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem u.a. der gesetzliche Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt begrenzt wurde. Es wurde der Güterstand der Gütertrennung vereinbart.
Der Klägerin wurde ein indexierter Zahlungsanspruch "im Falle der Scheidung" eingeräumt. Dieser Zahlungsanspruch sollte bei einem Bestand der Ehe von 15 vollen Jahren x EUR betragen; bei der Ehescheidung vor Ablauf dieser Frist sollte sich der Betrag "pro rata temporis" vermindern.
Die Ehe wurde geschieden. E zahlte an die Klägerin in Vollzug der getroffenen Vereinbarung den sich aus der Vereinbarung ergebenden Betrag.
Das beklagte Finanzamt erließ dafür einen Schenkungssteuerbescheid, der auch Vorschenkungen mitberücksichtigte. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück.
Ehebedingte (unbenannte) Zuwendungen seien grundsätzlich schenkungssteuerpflichtig, dieses entspreche dem erweiterten Schenkungsbegriff in § 7 ErbStG, im Gegensatz zu § 516 BGB.
Nun stellt sich die Frage: sind ehevertragliche Kompensationsleistungen, wie im vorliegenden Fall, ebenfalls nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG schenkungssteuerpflichtig?
Der BFH verneinte dies in der oben skizzierten Entscheidung, allerdings erließ das Bundesministerium für Finanzen einen Nichtanwendungserlass.
Da...