Grunderwerbsteuer: Keine Immobilienkäufer, keine Einnahmen
Im ersten Halbjahr 2023 haben die Bundesländer rund 6,3 Milliarden Euro aus der Grunderwerbsteuer eingenommen – das sind 33,5 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2022 (knapp 9,5 Milliarden Euro), wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am 22.2.2024 mitteilte.
Gleichzeitig fielen die Steuereinnahmen auf den tiefsten Stand seit mehr als sechs Jahren: Weniger brachte die Grunderwerbsteuer zuletzt im zweiten Halbjahr 2016 (6,2 Milliarden Euro) ein. Als Grund nennt die Behörde die Zurückhaltung von Immobilienkäufern. Auch Bauland bleibt demnach liegen.
Grunderwerbsteuer: Satz von 3,5 Prozent nur noch in Bayern
Die Grunderwerbsteuer fällt beim Kauf einer Immobilie oder eines Grundstücks an. Die Höhe der daraus resultierenden Einnahmen hängt von drei Faktoren ab: Von der Höhe des jeweiligen Steuersatzes in den Bundesländern, von der Anzahl der Verkäufe sowie von der Höhe des jeweiligen Kaufpreises. Über die Zahl der Verkäufe und Kaufpreise liegen in der Steuerstatistik keine Daten vor.
Die Grunderwerbsteuer ist eine Steuer der Länder, die die Höhe des Steuersatzes selbst bestimmen. Dieser liegt zwischen 3,5 Prozent des Kaufpreises in Bayern und 6,5 Prozent in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Pro-Kopf-Einnahmen: In Berlin und Hamburg am höchsten
Bundesweit flossen den Statistikern zufolge im ersten Halbjahr 2023 aus der Grunderwerbsteuer durchschnittlich 74,56 Euro pro Kopf an den Fiskus. Im ersten Halbjahr 2022 waren es noch 112,59 Euro. Dabei unterscheiden sich die Einnahmen der Bundesländer teilweise erheblich.
Am höchsten waren die Steuereinnahmen in den Stadtstaaten Berlin mit 141,83 Euro pro Kopf und Hamburg mit 110,22 Euro pro Kopf. Unter den Flächenländern hatte Brandenburg (103,38 Euro) die höchsten Pro-Kopf-Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer. Nicht einmal halb so hoch waren diese in Sachsen (44,69 Euro) und Thüringen (45,89 Euro).
Preise für Wohnimmobilien: Stärkster Rückgang seit 2000
Ein Faktor für die Höhe der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer ist die Höhe des jeweiligen Kaufpreises. Die Preise für Wohnungen und Häuser insgesamt (Häuserpreisindex) sind nach Zahlen von Destatis im ersten Halbjahr 2023 um 8,2 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 gesunken.
Dieser Trend setzte sich nach vorläufigen Ergebnissen auch im dritten Quartal 2023 fort – mit einem Rekordrückgang von 10,2 Prozent im Vergleich zum dritten Quartal 2022. Auch für den Rückgang der Kaufpreise ist die gesunkene Nachfrage (Finanzierungskosten) ein wesentlicher Grund.
Bauland: Kaufsumme halbiert sich
Der durchschnittliche Kaufwert für Bauland lag nach vorläufigen Ergebnissen der Statistiker im ersten Halbjahr 2023 bei 122,13 Euro pro Quadratmeter – im ersten Halbjahr 2022 waren es noch 141,58 Euro pro Quadratmeter. Bei den Daten berücksichtigt wurden sowohl private als auch gewerbliche Bauflächen mit einer Mindestgröße von 100 Quadratmetern.
Während für das erste Halbjahr 2023 nach vorläufigen Zahlen 16.700 Kauffälle in der Statistik erfasst wurden, waren es im ersten Halbjahr 2022 nach endgültigen Zahlen 33.800 Kauffälle. Insgesamt lag die Kaufsumme im ersten Halbjahr 2023 bei rund vier Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2022 waren es mit 8,4 Milliarden Euro mehr als doppelt so viel.
Grunderwerbsteuer in den Bundesländern (Stand 2024):
Bundesland (alphabetisch geordnet) | Steuersatz |
Baden-Württemberg | 5,0 Prozent |
Bayern | 3,5 Prozent |
Berlin | 6,0 Prozent |
Brandenburg | 6,5 Prozent |
Bremen | 5,0 Prozent |
Hamburg | 5,5 Prozent |
Hessen | 6,0 Prozent |
Mecklenburg-Vorpommern | 6,0 Prozent |
Niedersachsen | 5,0 Prozent |
Nordrhein-Westfalen | 6,5 Prozent |
Rheinland-Pfalz | 5,0 Prozent |
Saarland | 6,5 Prozent |
Sachsen | 5,5 Prozent |
Sachsen-Anhalt | 5,0 Prozent |
Schleswig-Holstein | 6,5 Prozent |
Thüringen | 5,0 Prozent |
Hessen: Wird die Grunderwerbsteuer für Erstkäufer erlassen?
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) kündigte in der Wahlkampfphase im April 2023 an, dass er die Grunderwerbsteuer auf den Kauf der ersten Wohnimmobilie zur privaten Nutzung erlassen wolle. Nötig sei ein "Teuerstopp gegen den Teuerschock beim Traum von den eigenen vier Wänden", sagte er der "Bild"-Zeitung. Bis die Reform in Kraft tritt, wolle er Käufer mit einem "Hessengeld" entlasten – für die ersten eigenen vier Wände mit 10.000 Euro pro Erwerber und zusätzlich 5.000 Euro pro Kind, heißt es in dem Bericht.
Zur Einordnung: In dem Bundesland werden derzeit noch sechs Prozent fällig. Rhein wurde im Januar 2024 im Amt bestätigt. Passiert ist bisher nichts.
In Thüringen haben sich Landesregierung und Opposition Ende 2023 nach einem Streit auf die Senkung der Grunderwerbsteuer von 6,5 auf fünf Prozent ab dem 1.1.2024 geeinigt. Außerdem werden bei Erstkäufern von selbstgenutztem Wohneigentum bis zu 25.000 Euro von der Steuer freigestellt.
Studie: Weniger Grunderwerbsteuer, tausende Erstkäufer mehr
Eine Studie der Landesbausparkassen (LBS) und des Forschungsinstituts Empirica von 2019 hat die Auswirkungen eines Freibetrags von 100.000 Euro auf die Grunderwerbsteuer für Erstkäufer von Wohneigentum untersucht. Ein solcher Freibetrag, wie er auch im Koalitionsvertrag 2021 der Ampel-Regierung erwähnt wird, hätte das Potenzial, die Zahl der Ersterwerber um rund 18.400 Haushalte auf 309.000 zu erhöhen, lautet ein Ergebnis. Das wäre ein Plus an Erstkäufern von sechs Prozent.
Für ihre Modellrechnung haben die Wissenschaftler die "natürlichen Ersterwerber" ermittelt. Dazu zählen sie definitionsgemäß Mieterhaushalte im Alter zwischen 30 und 44 Jahren, die über ausreichend Eigenkapital (mindestens 25 Prozent des Kaufpreises zuzüglich Nebenkosten) und über ausreichend Einkommen (Einkommensbelastung durch Zins und Tilgung maximal 35 Prozent) verfügen, um sich eine ortsübliche Immobilie leisten zu können.
Die größte Hürde auf dem Weg zum Immobilienkauf ist laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln die hohe Eigenkapitalanforderung. Geeigneter als ein Freibetrag wäre die Rückkehr zu einer bundesweit einheitlichen Besteuerung des Erwerbs von Grund und Boden. Eine Absenkung der hohen Erwerbsnebenkosten durch Entlastung bei der Grunderwerbsteuer wäre nach Auffassung der IW-Forscher geboten, um die Eintrittshürde zum Wohneigentum zu senken.
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