Schließlich ist ein Blick auf die mögliche Relevanz oder Irrelevanz anderer Kriterien zu werfen. Die Art des Zeugungsaktes und die Geschlechtsbezeichnung der Eltern sind in der bisherigen Reformdiskussion häufig erwähnte Gesichtspunkte bei der Formulierung künftiger Regelungen gewesen.
Es stellt sich daher zum einen die Frage, ob es ratsam ist, in künftigen Regelungen nach der Art des Zeugungsaktes zu differenzieren. Auszugehen ist sicherlich davon, dass heute und in Zukunft in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle die Zeugung eines Kindes durch einen Geschlechtsakt erfolgt und erfolgen wird. Aber spielt dies für die bisher angestellten Überlegungen zur genetisch/biologischen Verbindung einerseits und Verantwortungsübernahme andererseits wirklich eine Rolle? Ist nicht auch bei der sogenannten natürlichen Zeugung eine Zeugungshilfe möglich? Verändern sich die Schwerpunkte, wenn eine In-vitro-Fertilisation stattfindet oder wenn der Geschlechtsverkehr durch eine Keimzellenspende ersetzt wird? Macht es einen Unterschied, woher die Keimzelle kommt, wenn und solange die Keimzellen spendende Person auf ihrer Elternrolle wirksam verzichtet und die Herkunft der Keimzellen bekannt und diese Bekanntheit gesichert ist? Für die Eltern-Kind-Zuordnung macht dies keine grundsätzlichen Unterschiede. Daher könnte ein reformiertes Recht insoweit für alle Arten von Zeugungen gelten und müsste weder eine Unterscheidung zwischen Zeugung durch Geschlechtsakt, Zeugung mit medizinischer Unterstützung oder sonstigen Zeugungshilfen treffen. Dies verspricht vor allem eine Vereinfachung sowohl gegenüber dem geltenden Recht als auch gegenüber einigen vorliegenden Reformvorschlägen. Es würde darüber hinaus die Beteiligten von der Offenlegung intimer Vorgänge entbinden – was sicherlich sehr wünschenswert ist. Damit wäre u.a. ein weiterer Anreiz für intentionale Eltern geschaffen, die Form- und Registrierungspflichten einzuhalten, weil sie alle weiteren Erklärungen über die Art der Zeugung entbehrlich machen.
Zum anderen – aber noch schwieriger, weil z.T. emotionsgeladener – ist die Frage zu beantworten, ob und wie die rechtlichen Eltern in den künftigen gesetzlichen Regelungen zur Zuordnung bezeichnet werden sollen. Gewiss sind wir daran gewöhnt, von väterlicher und mütterlicher Abstammung zu sprechen. Aber ist diese Bezeichnung für die rechtliche Elternposition entscheidend? Ist es nicht gleichgültig, ob das Gesetz von Mutter oder Vater oder Mitmutter oder von einem ersten oder zweiten Elternteil spricht? Entscheidend ist allein, dass die rechtlichen Eltern bezeichnet sind und dass dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung Rechnung getragen wird (die herausragende Bedeutung dieses Rechts bei und für die Reform wurde bereits betont). Wenn das Gesetz nur von Eltern spricht, sind Komplizierungen im Falle intersexueller Eltern, Probleme bei Geschlechtsänderungen und schließlich die Fragen der sog. "Mitmutterschaft" bei lesbischen Paaren und die sich aufdrängende Frage nach einer "Mit-Vaterschaft" vermieden. Wie die Kinder ihre Eltern bezeichnen (Mutter, Mutti, Mama, Mami, Vater, Vati, Papa, Papi oder schlicht die Nennung beim Vornamen und vieles mehr), hat das Gesetz ohnehin nicht vorzuschreiben. Eine entsprechende Bereinigung der gesetzlichen Regelungen könnte zu weiterer Klarheit und Verständlichkeit des Textes führen. Sie würde auf die – sicherlich auch aus Kindesperspektive – nicht gerade verständlichen Bezeichnung eines Mannes als "Mutter", einer Frau als "Vater" oder "Mit-Mutter" oder auch die Abstufung von Eltern in einen ersten oder zweiten Elternteil verzichten. Eine geschlechtsneutrale Formulierung der "Abstammungsregelungen" würde dem vielfach geäußerten Wunsch nach einem einfachen, klaren und einheitlich verwendeten Begriff entsprechen. Schließlich spricht auch die Verfassung in Art. 6 Abs. 2GG nicht von Vater und Mutter, sondern von Eltern. Die Sprache der Verfassung kann aber sicherlich nicht als unangemessen bezeichnet werden. Insofern sollte auch der einfache Gesetzgeber sich vor der Bezeichnung Eltern nicht scheuen.
Diese Überlegung mag besonders einleuchtend erscheinen, wenn für die rechtliche Elternschaft die wirksame konsentierte Verantwortungsübernahme entscheidend ist. Aber selbst wenn es mangels wirksamer Erklärungen an einer solchen fehlt, kann die an eine vermutete genetisch/biologische Verbindung oder an vermutete Verantwortungsübernahme anknüpfende Zuordnung unabhängig vom Geschlecht bzw. der Geschlechtsbezeichnung des jeweiligen Elternteils erfolgen. Dass damit auch in allen anderen gesetzlichen Regelungen die Ausdrücke "Vater" und "Mutter" durch "Elternteil/Eltern" zu ersetzen sind, mag aufwändig sein, ist jedoch kein unüberwindbares Problem.