Zur Bemessung des Wohnwerts einer vom Unterhaltspflichtigen genutzten Immobilie bei der Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt: Geht es um die Leistungsfähigkeit eines barunterhaltsverpflichteten Elternteils gegenüber einem minderjährigen Kind, ist die Höhe des Wohnwerts einer selbstgenutzten Immobilie grundsätzlich mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete zu bemessen.
Steht eine vom Unterhaltspflichtigen bewohnte Immobilie in seinem Alleineigentum, ist ihm im Rahmen der Bemessung des Unterhalts für ein minderjähriges Kind ungeachtet etwaiger Unterhaltsansprüche Dritter grundsätzlich der gesamte Wohnwert zuzurechnen.
(1) Abzugsposten vom Wohnwert beim Kindesunterhalt
Die bereits zum Ehegattenunterhalt dargestellten Grundsätze gelten auch für den Kindesunterhalt. Auch beim Kindesunterhalt können grundsätzlich bis zur Höhe des Wohnvorteils neben den Zinszahlungen zusätzlich die Tilgungsleistungen berücksichtigt werden, die der Unterhaltspflichtige auf ein Darlehen zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie erbringt.
Hierbei ist jedoch Folgendes zu beachten: Überschreitet der Schuldendienst für die Immobilie den dadurch geschaffenen Wohnvorteil nicht, ist es bei Gefährdung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder generell nicht ausgeschlossen, dem Unterhaltspflichtigen eine Obliegenheit zur Tilgungsstreckung aufzuerlegen, wobei es stets auf den Einzelfall ankommt. Der Unterhaltspflichtige hat sich zur Steigerung seiner Leistungsfähigkeit um die zeitliche Streckung eines solchen Kredits durch eine entsprechende Vereinbarung mit der kreditgebenden Bank zu bemühen. Gegebenenfalls muss er deshalb auch vortragen, dass seine Bemühungen gescheitert sind. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn eine besonders hohe Tilgung vereinbart wurde oder die Immobilie bereits weitgehend abbezahlt ist. Das Argument, dass die gesamte Darlehensrate einschließlich des darin enthaltenen Tilgungsanteils durch den gegenzurechnenden Wohnvorteil kompensiert wird, zwingt lediglich dazu, dem Grunde nach neben den Zinszahlungen auch Tilgungsleistungen auf das Finanzierungsdarlehen anzuerkennen, ohne dass damit in jedem Fall etwas über die Höhe der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Tilgungsanteile ausgesagt wäre.
Wird trotz vollständiger Kompensation des Schuldendienstes durch den gegenzurechnenden Wohnvorteil die Darlehenstilgung gestreckt und dadurch ein dem Unterhaltspflichtigen unterhaltsrechtlich zuzurechnender positiver Wohnwert erzeugt, bewirkt dies bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise freilich eine Herabsetzung des maßgeblichen Selbstbehalts, und zwar mit der Begründung, dass der Unterhaltspflichtige als Darlehensnehmer – bei nunmehr herabgesetzten Tilgungsanteilen – für die Deckung der Wohnbedürfnisse im eigenen Haus weniger Mittel aufwenden muss, als wenn er das gleiche Haus als Mieter bewohnen würde und dafür als Entgelt die objektive Marktmiete bezahlen müsste. Dies wird nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen werden können, so etwa, wenn eine ungewöhnlich hohe Tilgung vereinbart oder das Eigenheim bereits weitgehend abgezahlt worden ist.
Nur eine völlige Aussetzung der Tilgungsleistungen ist dem Unterhaltspflichtigen im Rahmen der Interessenabwägung regelmäßig unzumutbar.
(2) Beispiel
A und B trennen sich – A hat ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 3.500 EUR, B ein solches in Höhe von 2.000 EUR. A zahlt für die in seinem Eigentum stehende Ehewohnung (Mietwert: 1.000 EUR) – 300 EUR Zinsen und 100 EUR Tilgung. Eine angemessene kleinere Wohnung für eine Person zwei Zimmer beläuft sich auf 700 EUR. A und B haben eine Tochter C, 3 Jahre alt, die bei B lebt.
a) A bleibt in der Wohnung
(1) Zunächst ist der Kindesunterhalt zu bestimmen:
Bedarf von C:
Gemeinsames Einkommen von A und B zzgl. objektiven Wohnwert:
3.500 EUR + 600 EUR + 2.000 EUR = 6.100 EUR → DT 2024 EkGr 11 – Ast 1: 807 EUR – 125 EUR = 682 EUR
Zahlbetrag von A:
3.500 EUR + 600 EUR = 4.100 EUR → DT 2024 EkGr 6 – Ast 1: 615 EUR – 125 EUR = 490 EUR
B leistet die übrigen 192 EUR als Naturalunterhalt
(2) Trennungsunterhalt
Nach der Trennung ist bei A zunächst nur der angemessene Wohnwert, gekürzt um den von A geleisteten Zins und Tilgung, anzusetzen, somit 700 EUR – 400 EUR = 300 EUR.
Einzusetzen bei A: 3.500 EUR – 490 EUR = 3.010 EUR sowie Wohnwert 300 EUR
Einzusetzen bei B: 2.000 EUR – 192 EUR = 1.808 EUR
Bedarf: ½ × (9/10 × 3.010 EUR + 300 EUR + 9/10 × 1.808 EUR) = 2.318,10 EUR
Höhe: 2.318,10 EUR – 1.627,20 EUR = 690,90 EUR = 691 EUR
b) B bleibt in der Wohnung
(1) Zunächst ist der Kindesunterhalt zu bestimmen:
Bedarf von C:
Gemeinsames Einkommen von A und B zzgl. objektiven Woh...