BGB § 1610 Abs. 2 BGB
Ob der unterhaltspflichtige Elternteil seinem Kind nach Abschluss des Bachelor-Studiengangs auch für den nachfolgenden Studiengang mit dem Abschluss eines Masters of Arts Ausbildungsunterhalt schuldet, wird nicht einheitlich beantwortet. Auch wenn der Senat dazu tendiert, die Fortsetzung der begonnenen universitären Ausbildung in einem Masterstudium als einen einheitlichen Ausbildungsgang anzusehen, ist dem Antragsgegner unter dem Gesichtspunkt der nicht geklärten Rechtsfrage (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1876; Zöller/Philippi, ZPO, 28. Aufl., Rn 21 zu § 114 ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. (Leitsatz der Redaktion)
OLG Celle, Beschl. v. 2.2.2010 – 15 WF 17/10 (AG Hildesheim)
Gründe:
Die gem. §§ 113 Abs. 1, 112 Nr. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Das AG hat dem Antragsteller für seinen auf Abänderung der Urkunde des Jugendamts des Landkreises St. vom 27.8.2001, mit der Unterhalt der Antragsgegnerin in Höhe von 130,7 % des Regelbetrages gem. § 2 Regelbetrags-Verordnung tituliert ist, gerichteten Antrag im angefochtenen Beschluss Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) versagt.
Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Ziel der begabungsbezogenen Ausbildung ist es, das unterhaltsberechtigte Kind in die Lage zu versetzen, künftig seinen Unterhalt und ggf. den seiner Familie sicherzustellen. Nach erfolgreichem Abschluss einer angemessenen Ausbildung hat das Kind grundsätzlich keinen Anspruch auf eine weitere (Zweit-)Ausbildung. Dabei ist die Abgrenzung zwischen einer Zweitausbildung und einer Weiterbildung fließend, wie auch die Rechtsprechung zu den sog. Abitur-Lehre-Studium-Fällen zeigt (vgl. BGH FamRZ 2006, 1100, 1102). Maßgebend ist in den vorgenannten Konstellationen der Gedanke, dass es sich um einen eigenen und durchgehenden Ausbildungsweg handelt, der in einer mehrstufigen Ausbildung durchlaufen wird (vgl. Scholz, in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., Rn 80 zu § 1).
Die Antragsgegnerin war vom Wintersemester 2006/2007 bis September 2009 an der Universität H. im Studiengang Sozial-/Organisationspädagogik mit dem angestrebten Abschluss Bachelor of Arts (B.A.) immatrikuliert. Dieses Studium hat sie nach dem Zeugnis des Fachbereichs I Erziehungs- und Sozialwissenschaften vom 14.10.2009 mit dem Gesamturteil gut (1,7) mit der Prüfung zum Bachelor of Arts bestanden. Seit Oktober 2009 ist die Antragsgegnerin in dem gleichen Studiengang mit dem angestrebten Abschluss Master of Arts immatrikuliert.
Ob der unterhaltspflichtige Elternteil seinem Kind nach Abschluss des Bachelor-Studiengangs auch für den nachfolgenden Studiengang mit dem Abschluss eines Masters of Arts Ausbildungsunterhalt schuldet, wird nicht einheitlich beantwortet. Während einerseits der Studienabschluss mit dem Grad eines Bachelors für den Berufseinstieg als angemessen angesehen wird (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl., Rn 22 zu § 1610 BGB; offen Strohal, FPR 2008, 331, 333), wird andererseits die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Studiengängen mit Bachelor- und Masterabschluss um einen einheitlichen Ausbildungsgang handelt, sofern das unterhaltsberechtigte Kind mit dem Bachelor-Abschluss die Zugangsvoraussetzungen für den Master-Studiengang erfüllt (vgl. Scholz, in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., Rn 68 zu § 2). Ob dabei ähnlich dem Ausbildungsweg Haupt(Real-)-schule – Lehre – Fachoberschule – Fachhochschule (dazu BGH FamRZ 2006, 1100, 1101) für die Bachelor-Master-Studiengangfolge eine von vornherein bestehende Absicht auf Fortsetzung der Ausbildung oder eine Abstimmung mit den Eltern gegeben sein muss (vgl. OVG Hamburg FamRZ 2006, 1615 zum Studiengang Sozialökonomie mit den Abschlüssen Diplom I und Diplom II; so wohl Wohlgemuth, in: Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Rn 463), mag wegen des regelmäßig gegebenen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs der Studiengänge fraglich erscheinen. Eine höchstrichterliche Entscheidung liegt zu dieser Frage, soweit ersichtlich, noch nicht vor.
Auch wenn der Senat dazu tendiert, die Fortsetzung der begonnenen universitären Ausbildung in einem Masterstudium als einen einheitlichen Ausbildungsgang anzusehen, ist dem Antragsgegner unter dem Gesichtspunkt der nicht geklärten Rechtsfrage (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1876; Zöller/Philippi, ZPO, 28. Aufl., Rn 21 zu § 114 ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. In diesem Zusammenhang weist der Senat ergänzend darauf hin, dass mit der Einführung gestufter Studiengänge und -abschlüsse auf Grund der Bologna-Erklärung vom 19.6.1999 eine größere Transparenz und Vereinheitlichung in der Europäischen Union herbeigeführt werden sollte. Dabei gingen die Universitäten davon aus, dass zwischen zwei Drittel bis zu 90 % der Bachelor-Absolventen in einem Masterpr...