Das volljährige Kind genießt unterhaltsrechtlich nicht den Schutz vergleichbar mit dem eines minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kindes. Dies drückt sich darin aus, dass es dem 4. Rang des § 1609 BGB zugewiesen ist. Auswirkungen dieses geringeren unterhaltsrechtlichen Schutzbedürfnisses, aber auch das höhere Anforderungsprofil an die wirtschaftliche Eigenverantwortung zeigen sich in der Rechtsprechung.

1. Erwerbsobliegenheit des volljährigen Kindes

An die Beurteilung der Bedürftigkeit eines nicht in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes sind strenge Anforderungen zu stellen. Das Kind muss, wenn es gesundheitlich dazu in der Lage ist, jede Arbeitsmöglichkeit ausnutzen. Für die Nutzung seiner Arbeitskraft gelten ähnliche Maßstäbe wie für die Haftung der Eltern gegenüber minderjährigen Kindern, d.h. das Kind muss darlegen und beweisen, dass es sich im Rahmen seiner gesundheitlichen Fähigkeiten hinreichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat oder dass es auch im Falle entsprechender Bemühungen keine realistische Beschäftigungschance hätte. Kommt der Volljährige einer sich danach ergebenden Erwerbsobliegenheit nicht nach, entfällt seine Bedürftigkeit in Höhe des durch die ihm obliegende Erwerbstätigkeit erzielbaren Erwerbseinkommens.

Eine vollständige Unfähigkeit zur Erzielung jeglichen Erwerbseinkommens ergibt sich aus dem Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nicht. Vielmehr hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen, weshalb er nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bereich von bis zu drei Stunden täglich in der Lage ist. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Unterhaltsberechtigte – trotz diagnostizierter chronifizierter Schizophrenie und der wiederholten stationären Klinikaufenthalte – zeitweilig einer Aushilfstätigkeit nachgegangen ist.[33]

[33] OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.2019 – 4 UF 209/18, BeckRS 2019, 30986 bespr. v. Opitz, NZFam 2020, 88 = FamRZ 2020, 580 m. Anm. Schürmann.

2. Auskunftsverpflichtung des volljährigen Kindes

Die Auskunftsverpflichtung des volljährigen Kindes gegenüber einem unterhaltspflichtigen Elternteil beruht – wie insgesamt im Verwandtenunterhalt – auf § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB und erfasst nicht nur eigene Einkünfte und Vermögen des volljährigen Kindes selbst, sondern auch Einkünfte und Vermögen des Elternteils, in dessen Haushalt es lebt. Die Auskunft erstreckt sich auch auf einen etwaigen Familienunterhaltsanspruch dieses Elternteils gegenüber seinem Ehemann. Der an den kindesunterhaltspflichtigen Elternteil wiederum durch dessen (neuen) Ehegatten zu erbringende Familienunterhalt ist schon nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB unter die zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu fassen. Denn ein solcher Anspruch hat Vermögenswert, auch wenn der Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB grundsätzlich – ggf. mit der Ausnahme eines Taschengeldanspruchs – nicht auf Gewährung einer frei verfügbaren und laufenden Geldrente gerichtet ist. Zu seiner Darlegung und Berechnung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte des Ehegatten des unterhaltspflichtigen Elternteils mitzuteilen. Allerdings besteht kein Auskunftsanspruch gegenüber Dritten, hier also im Verhältnis des unterhaltspflichtigen Elternteils und des Ehegatten des anderen haftenden Elternteils, so dass über diesen "Umweg" (Auskunft durch den ggf. Unterhaltsberechtigten) auch solche Ansprüche erfasst werden können und müssen. Dieser Teil der Auskunftspflicht ist daher von § 1605 Abs. 1 S. 1. BGB gedeckt.

Ob im Hinblick auf die anteilige Haftung beider Elternteile für den Unterhalt ihres volljährigen Kindes jeder Elternteil einen aus § 242 BGB[34] abgeleiteten direkten Auskunftsanspruch gegen den anderen Elternteil hat, kann offen bleiben, wenn – wie im Streitfall – in einem Vorverfahren aufgrund rechtskräftiger Entscheidung ein solcher direkter Auskunftsanspruch im Elternverhältnis untereinander verneint wurde. Daher kann und muss sich der Auskunftsantragsteller nicht auf einen solchen Weg verweisen lassen.[35] Soweit eine Verpflichtung zur Vorlage von Belegen im Zusammenhang mit der Auskunft zum Anspruch auf Familienunterhalt in Betracht kommt,[36] muss dies jedenfalls in dem Antrag und dem Tenor ausdrücklich formuliert sein. Nicht ausreichend ist insoweit nur die Belegvorlageverpflichtung hinsichtlich des Einkommens und des Vermögens des unterhaltspflichtigen Elternteils.[37]

[34] Vgl. insoweit zu den Voraussetzungen im Einzelfall BGH, Beschl. v. 2.7.2014 – XII ZB 210/13, FamRZ 2014, 1440.
[35] So OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2019 – 3 UF 96/19, FamRZ 2020, 494 m. Anm. Borth; zur Auskunftspflicht auch zum Anspruch auf Familienunterhalt BGH, Urt. v. 2.6.2010 – XII ZR 124/08, NJW 2011, 226 = FamRZ 2011, 21 Rn 21.
[36] Verneinend BGH, Urt. v. 2.6.2010 – XII ZR 124/08, NJW 2011, 226 = FamRZ 2011, 21 Rn 23.

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