Personenstandsrecht
BGH, Beschl. v.10.6.2020 – XII ZB 451/19
a) Die von § 45b PStG vorausgesetzte Variante der Geschlechtsentwicklung ist nur dann gegeben, wenn die Bestimmung des Geschlechts als weiblich oder männlich anhand angeborener körperlicher Merkmale nicht eindeutig möglich ist. Auf Personen mit körperlich eindeutig weiblichem oder eindeutig männlichem Geschlecht ist die Bestimmung daher nicht anzuwenden (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – XII ZB 383/19, NZFam 2020, 519, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
b) Die von §45b Abs.3 S. 1 PStG zum Nachweis des Vorliegens einer Variante der Geschlechtsentwicklung vorgesehene Bescheinigung muss von einem approbierten, also mit staatlicher Zulassung tätigen Arzt ausgestellt sein, ohne dass dieser einer bestimmten Fachrichtung angehören oder über bestimmte berufliche Erfahrungen verfügen müsste, und hat im Übrigen keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu erfüllen.
c) Bei Vorliegen einer diesen Vorgaben genügenden ärztlichen Bescheinigung ist dem Standesbeamten nicht jede weitere Prüfung versagt; er hat vielmehr eigene Ermittlungen im Sinne des § 9 Abs.1 PStG anzustellen, wenn die Bescheinigung wegen besonderer Umstände oder anderweitiger Erkenntnisse des Standesbeamten nicht die vom Gesetzgeber typisierend angenommene, für die erforderliche Sachverhaltsermittlung ausreichende Nachweiswirkung entfaltet.
Verfahrenskostenhilfe
OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.6.2020 – 13 WF 98/20
1. Im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren hat die Erfolgsprüfung (§ 114 Abs. 1 ZPO) für die Änderung einer gerichtlichen Umgangsregelung nach § 1696 Abs. 1 BGB das Vorliegen triftiger Gründe zu umfassen, denn diese Bestimmung sichert Sorge- wie Umgangsregelungen, wenn auch mit möglicherweise unterschiedlichen Änderungsschwellen, vor Durchbrechungen ohne Änderung der Sach- und Rechtslage (vgl. Staudinger/Coester, (2019), BGB, § 1696 Rn 113 m.w.N.). Dementsprechend müssen für eine Erfolgsaussicht im amtswegig zu führenden Verfahren das Vorbringen des Antragstellers oder die Sachlage bei Entscheidungsreife des Gesuchs (vgl. § 118 Abs. 1 ZPO) in Ansehung triftiger Gründe greifbare Anhaltspunkte für mögliche dahingehende Ermittlungsergebnisse (§ 26 FamFG) bieten, wobei das Gericht auch eine in Grenzen statthafte antizipierte Beweiswürdigung vornehmen kann (vgl. Staudinger/Dürbeck, (2019), BGB, § 1684 Rn 492 m.w.N.).
2. Demgegenüber kommt es für die Erfolgsaussicht (§ 114 Abs. 1 ZPO) in amtswegigen Umgangsverfahren jedenfalls bei kindesschutzrechtlichem Einschlag nicht darauf an, ob der Vortrag des Beteiligten genügt, eine von ihm erwünschte Regelung herbeizuführen, sondern ob der Verfahrensgegenstand Anlass zur Überprüfung eines Umgangsregelungsbedürfnisses gibt und zu erwarten ist, dass der Beteiligte zu seinen Gunsten wirkende Umstände geltend machen kann (vgl. Senat, Beschl. v. 20.5.2020 – 13 WF 88/20, juris; Senat FamRZ 2019, 1632, jew. m.w.N.). Dies wird sich bei erheblichem Aufklärungsbedarf und der Notwendigkeit zu einer jedenfalls erstmaligen Anhörung der Beteiligten aufdrängen, wobei in den Fällen der Ersttitulierung für eine auch im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahrens in Grenzen statthafte antizipierte Beweiswürdigung regelmäßig allenfalls geringer Spielraum bleibt.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.5.2020 – 13 WF 94/20
1. Bei eklatanten Verstößen gegen die Formularpflicht des § 117 Abs. 4 ZPO scheidet eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe aus (vgl. hierzu Senat, FuR 2018, 145 Senat FamRZ 2019, 993, jew. m.w.N.).
2. Die Angaben im Formular müssen so vollständig sein, dass sie zumindest eine Plausibilitätsprüfung ermöglichen. Auch ein umfangreiches Anlagenkonvolut ersetzt keinen ordnungs-gemäßen Antrag; ohne klar unterscheidbare Belegnummerierung ist es zudem ungeeignet, die im Formular unterschriftlich auf Vollständigkeit und Wahrheit zu verantwortenden maß-geblichen Angaben auch nur zu erläutern oder zu belegen. Dem Gericht ist nicht zuzumuten, sich aus umfangreichen Anlagen irgendetwas Passendes herauszusuchen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.6.2020 – 13 WF 251/19
1. Rückstand (§ 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a.F.) meint schuldhaften Verzug und daran fehlt es, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Die Festsetzungsvoraussetzungen für die Ratenanordnung sind im Aufhebungsverfahren im Rahmen des Verschuldens unabhängig von den Feststellungen und Bewertungen des ursprünglichen Bewilligungs- oder Ratenanordnungsbeschlusses zu prüfen, der insoweit für das Aufhebungsverfahren keine Rechtskraft entfaltet (vgl. BGH NJW 1997, 1077, Senat FamRZ 2015, 949 jew. m.w.N.).
2. Weist eine Partei im Aufhebungsverfahren auf die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage hin, ist dies als Abänderungsantrag auszulegen. Hier muss vor einer Aufhebung die Hilfsbedürftigkeit erneut beurteilt und insbesondere überprüft werden, ob die im Bewilligungsbeschluss festgelegten Monatsraten mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vermögensverschlechterung wegfallen oder zu ermäßigen sind (vgl. Senat FamRZ 2019, 300-301 m.w.N.).
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