Die fehlende Möglichkeit einer alleinigen Fortführung des bisherigen Familiennamens trotz eines besonderen Kontinuitätsinteresses sei ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie wegen der Verpflichtung zur Namensänderung auch in Art 8 Abs. 1 MRK.[25] Dieser Eingriff sei verfassungswidrig, weil unverhältnismäßig.[26]

Zwar verfolge der Gesetzgeber ein legitimes Ziel, nämlich die neue Zugehörigkeit des Angenommenen zur Familie des Annehmenden auch äußerlich sichtbar zu machen. Die geltende gesetzliche Regelung belaste aber den Angenommenen unverhältnismäßig: Der gesetzlich angeordnete Wechsel des Geburtsnamens korrespondiere nicht vollständig mit dem nach der Adoption bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungsgeflecht, sondern spiegele nur einen deutlich untergeordneten Teilausschnitt der familiären Beziehungen des Angenommenen wider. Ein Volljähriger habe auch ein deutlich höheres Interesse an der Fortführung seines bisherigen Namens, wobei auch die Namenskontinuität Ordnungsinteressen diene. Andererseits verliere der Name als Ausweis der Familienzugehörigkeit angesichts geänderter gesellschaftlicher Gepflogenheiten zunehmend an Bedeutung. Dies werde nicht zuletzt belegt durch das Eckpunktepapier zur Reform des Namensrechts vom 11.2.2020, in welchem sich die Arbeitsgruppe sogar für eine anlasslose Namensänderungsmöglichkeit ausgesprochen habe. Die gesetzlich vorgesehene Milderungsmöglichkeit der Voranstellung oder Beifügung des bisherigen Namens reiche zumindest bei einem über den Regelfall hinausgehenden Kontinuitätsinteresse nicht aus.

[25] BGH besprochene Entscheidung Rn 41 bzw. 43.
[26] BGH besprochene Entscheidung Rn 44 ff.

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