1. Die Regel der gemeinsamen und gleichen Ausübung der elterlichen Sorge
Im früheren Recht war die Regel, dass das Gericht über die Regelung der Ausübung der elterlichen Sorge während der Trennung oder nach der Scheidung oder der Anfechtung der Ehe/eingetragenen Lebenspartnerschaft entschieden hat. Die alte Fassung dieses Artikels führte die meisten Gerichtsentscheidungen dahin, die Ausübung der Personensorge als Teil der elterlichen Sorge einem Elternteil ausschließlich zu übertragen. Somit konnte dieser Elternteil eine Entscheidung über den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes allein treffen. Das bedeutete, dass dieser Elternteil mit dem Kind sogar ohne die Zustimmung des anderen Elternteils oder die Genehmigung des Gerichts ins Ausland umsiedeln durfte. Infolgedessen wurde das Umgangsrecht des anderen Elternteils ungünstig beeinflusst. Weiterhin durfte der Elternteil, dem die Personensorge des Kindes ausschließlich übertragen wurde, fast alle Entscheidungen über die Person des Kindes, einschließlich der Einwilligung für eine schwerwiegende medizinische Handlung, treffen. Die erheblich großen Befugnisse des Elternteils, dem die Alleinsorge übertragen wurde, haben oft Ungerechtigkeiten verursacht, die den Gesetzgeber zu einer der wichtigsten Reformen des griechischen Familienrechts veranlasst haben.
Mit der neuen Regelung des Art. 1513 gr. ZGB setzen die Eltern die gemeinsame und gleiche Ausübung der elterlichen Sorge während der Trennung oder nach der Scheidung oder der Aufhebung der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft fort. Der Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält, darf die in Art. 1516 S. 1 gr. ZGB vorgesehenen Handlungen allein vornehmen. Diese Änderung hebt die Regel der gemeinsamen und gleichwertigen elterlichen Sorge einschließlich der Personensorge auf, auch wenn die Beziehung der Eltern nicht reibungslos verläuft.
Nach der herrschenden Meinung bedeutet die gemeinsame und gleiche Ausübung der Personensorge, dass beide Eltern alle Entscheidungen über alle, die Person ihrer Kinder betreffenden, Sachen gemeinsam treffen (Mitentscheidungsrecht). Es wird aber auch die Ansicht vertreten, dass die gemeinsame und gleiche Ausübung der Personensorge noch einen weiteren Sinn hat, nämlich den des abwechselnden Aufenthalts des Kindes. Diese letzte Ansicht über die "gleiche Ausübung der elterlichen Sorge" bedeutet auch "Ausübung gleicher Dauer".
2. Ausnahmen von der Regel der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge
a) Die schriftlichen Vereinbarungen der Eltern
Das neue Familienrecht sieht einige Ausnahmen von der Regel der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge und insbesondere der gemeinsamen Personensorge vor. Die wichtigste davon ist die Möglichkeit der Eltern, ein Abkommen über die Verteilung der Ausübung der elterlichen Sorge abzuschließen (Art. 1514 Abs. 1 gr. ZGB). Ein solches Abkommen muss schriftlich erstellt und von einer öffentlichen Behörde beurkundet werden (z.B. Notar, Polizei). Die Eltern dürfen eine abweichende Regelung der Ausübung der elterlichen Sorge vereinbaren. In diesem Rahmen können die Eltern vereinbaren, dass die Ausübung der Alleinsorge einem Elternteil übertragen wird. Sie können weiterhin den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes bestimmen und die Ausübung des Umgangsrechts des Elternteils, mit dem das Kind nicht zusammenlebt, regeln. Diese Vereinbarung dauert mindestens zwei Jahre und kann von Gesetzes wegen verlängert werden, es sei denn, ein Elternteil erklärt dem anderen schriftlich, dass er/sie mit der Verlängerung nicht mehr einverstanden ist.
b) Die gerichtliche Regelung der Ausübung der elterlichen Sorge bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern
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