Über ethische Fragen informierte die Medizinerin und Philosophin Prof. Dr. med Dr. phil Sabine Salloch von der medizinischen Hochschule Hannover. Wann beginnt das Leben? Ab wann ist menschliches Leben schützenswert? Ethisch gesehen bewege sich die Fortpflanzungsmedizin in einem komplexen Spannungsfeld, stellte sie in ihrem Vortrag fest. Nicht nur Wertungen über den moralischen Status frühen Lebens seien dabei zu berücksichtigen, sondern auch Chancen und Risiken für alle Beteiligten. Gesellschaftliche und kulturelle Aspekte müssten ebenfalls einbezogen werden. Unter welchen Bedingungen sollte die Eizellspende oder die Leihmutterschaft erlaubt sein? Wie kann soziale Gerechtigkeit erreicht werden? Um den Antworten auf diese Fragen näher zu kommen, warf Prof. Dr. Bettina Heiderhoff, Professorin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Leiterin des Instituts für Deutsches und Internationales Familienrecht, zum Abschluss der Veranstaltung einen Blick in andere europäische Staaten, in denen bereits mehr erlaubt ist als hierzulande. Eizellspende und Leihmutterschaft einfach zu verbieten, sei eine Quelle von Ungleichheit und Ungerechtigkeit, resümierte Wolfgang Schwackenberg und brachte hier den Begriff "Fortpflanzungstourismus" ins Spiel. Denn wer über die entsprechenden finanziellen Mittel verfüge, könne sich heute schon seinen Kinderwunsch erfüllen. Auch das markiert den überaus dringenden Reformbedarf des Abstammungsrechts.
Der traditionelle Empfang der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Anschluss an die Veranstaltung fand zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder "live und in Farbe" statt. Endlich konnten sich die Gäste und Ehrengäste aus der Anwaltschaft, aus der Richterschaft und der Politik persönlich begegnen. Sowohl die DAV-Präsidentin Edith Kindermann als auch der neue Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Jochem Schausten dankten hier schon einmal im Vorgriff auf die Herbsttagung Ende September 2022 in Leipzig ganz besonders der scheidenden Vorsitzenden Eva Becker für ihr großes Engagement der letzten zehn Jahre. Die Arbeit im Familienrecht werde nicht weniger, betonten beide in ihren Ansprachen, sei es bei der Umsetzung des hoffentlich bald reformierten Abstammungs- und Namensrechts, sei es beim Kindesunterhalt, beim nachehelichen Unterhalt, oder bei der Evaluation des Versorgungsausgleichs.