Die Vorschläge für eine Reform des Kindesunterhalts beziehen sich auf den Fall, dass beide Elternteile wesentliche Betreuungsleistungen erbringen, ohne sich die Betreuung exakt hälftig zu teilen. In solchen Fällen sollen die Unterhaltslasten fairer verteilt werden. Es soll erstmals klar geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Betreuungsleistung des mitbetreuenden Elternteils zur Senkung der Unterhaltslast führen kann.
Für die anderen Betreuungskonstellationen soll sich an der Verteilung der Unterhaltslasten nichts ändern. Alleinerziehende, die sich allein oder fast allein um ihr Kind kümmern, sind von den Vorschlägen nicht betroffen (sog. Residenzmodell). Auch für Eltern, die sich die Betreuung exakt hälftig teilen (sog. symmetrisches Wechselmodell) ändert sich nichts an der Verteilung der Unterhaltslasten. Hier gibt es bereits praktikable Lösungen. Auf das asymmetrische Betreuungsmodell ist das geltende Unterhaltungsrecht hingegen unzureichend eingestellt. Für die Unterhaltsverpflichtung des mitbetreuenden Elternteils macht es derzeit oft keinen Unterschied, dass er spürbare Betreuungsleistungen erbringt. Die Rechtsprechung ist hier nicht einheitlich. Die hierdurch entstehende Rechtsunsicherheit ist nachteilig für alle Beteiligten; denn sie trägt zur Streitanfälligkeit des Unterhaltsrechts bei.
Das Eckpunktepapier schlägt klare gesetzliche Vorgaben dafür vor, wie die Unterhaltslasten im asymmetrischen Wechselmodell zu verteilen sind. Auch künftig soll es dabei ganz maßgeblich auf die Einkommensverhältnisse beider Elternteile ankommen: Wenn ein Elternteil mehr verdient als der andere, dann soll er auch künftig mehr Unterhaltslasten zu tragen haben. Ins Gewicht fallen soll allerdings auch die Verteilung der Betreuungslasten: Im asymmetrischen Wechselmodell soll künftig nicht nur die Betreuungslast des hauptbetreuenden Elternteils Berücksichtigung finden; ins Gewicht fallen soll auch, dass der mitbetreuende Elternteil sich substantiell in die Betreuung einbringt. Dabei kommt ein pauschalierender Ansatz zum Tragen. Streit über die exakte Höhe des Betreuungsanteils soll so vermieden werden. Die vorgeschlagene Methode zur Berechnung der Zahlungsverpflichtung des mitbetreuenden Elternteils wird im Eckpunktepapier erläutert.
Von einer Betreuung im asymmetrischen Wechselmodell soll nach dem Eckpunktepapier ausgegangen werden, wenn der Betreuungsanteil des mitbetreuenden Elternteils mehr als 29 % beträgt. Ab dieser Schwelle soll die vorgeschlagene Neuregelung greifen. Berechnet werden soll der Betreuungsanteil anhand eines nachprüfbaren, objektiven Kriteriums, das auch in der Fachwelt akzeptiert ist: der Anzahl der Übernachtungen des Kinds beim jeweiligen Elternteil pro Jahr. Ab wie viel Übernachtungen pro Jahr die Schwelle zum asymmetrischen Wechselmodell überschritten wird, ist in der Anlage zum Eckpunktepapier näher erläutert. Eine Betreuung lediglich an jedem zweiten Wochenende und in der Hälfte der Schulferien reicht hierfür regelmäßig nicht aus.
Für das Residenzmodell und das symmetrische Wechselmodell sind Änderungen der Unterhaltsberechnung – wie dargelegt – nicht vorgesehen. Um die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im symmetrischen Wechselmodell zu erleichtern, wird für diese Konstellationen allerdings eine neue Vertretungsregel vorgeschlagen: Jeder Elternteil soll das Kind im Verfahren vertreten können. Das bisher erforderliche vorgeschaltete Sorgerechtsverfahren würde dann nicht mehr erforderlich sein.