Das Gesetz sieht eine Erweiterung der Zuständigkeit der Familiengerichte, die bisher in § 23b Abs. 1 S. 2 GVG bzw. § 621 Abs. 1 ZPO abschließend geregelt ist, in verschiedenen Bereichen vor. Von der Zuständigkeitserweiterung sind nicht nur Streitigkeiten betroffen, die bisher vor den Zivilprozessgerichten zu verhandeln sind. Auch bisher von den Vormundschaftsgerichten bearbeitete Angelegenheiten wechseln zu einem erheblichen Teil zu den Familiengerichten. Welche Materien künftig Familiensachen sind und damit in die Zuständigkeit der Familiengerichte fallen, ist in § 111 FamFG geregelt. Danach gehen auf die Familiengerichte über:

Aus dem Zuständigkeitsbereich der Zivilprozessgerichte

  • Streitigkeiten im zu oben I. skizzierten Sinne. Sie werden unter der Bezeichnung "sonstige Familiensachen" in den Katalog der Familiensachen aufgenommen (§ 111 Nr. 10 FamFG). Was im Einzelnen dazu zu zählen ist, wird in § 266 FamFG erläutert. Darauf wird noch näher einzugehen sein (unten III.).
  • Gewaltschutzsachen (§§ 1, 2 GewSchG), soweit sie bisher in die Zuständigkeit der Zivilprozessgerichte fallen (§ 111 Nr. 6 i.V.m. § 210 FamFG). Das bedeutet eine begrüßenswerte Vereinfachung der Zuständigkeitsfrage: Alle Gewaltschutzsachen unterliegen künftig der Zuständigkeit der Familiengerichte. Es entfällt die bisherige Zuständigkeitsspaltung infolge der Einschränkung gem. § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 8a GVG bzw. § 621 Abs. 1 Nr. 13 ZPO, wonach die familiengerichtliche Zuständigkeit nur gegeben ist, wenn die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen oder innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung geführt haben (Gewalt im sozialen Nahbereich).[4]

Aus dem Zuständigkeitsbereich der Vormundschaftsgerichte

  • Verfahren betreffend die Vormundschaft oder Pflegschaft für Minderjährige (§ 111 Nr. 2 i.V.m. § 151 Nr. 4, 5 FamFG). Diese Verfahren werden künftig begrifflich den – neu definierten und erweiterten – Kindschaftssachen (§ 151 FamFG; bisher: § 640 Abs. 2 ZPO) zugeordnet, für die die Familiengerichte zuständig sind. Die Vormundschaftsgerichte werden abgeschafft; Materien aus deren bisherigem Zuständigkeitsbereich, die nicht auf die Familiengerichte übergehen (Betreuung und Unterbringung für Erwachsene), fallen in die Zuständigkeit der neu zu schaffenden Betreuungsgerichte.
  • Adoptionssachen (§ 111 Nr. 4 i.V.m. § 186 FamFG). Auch für sie sind künftig statt der Vormundschaftsgerichte die Familiengerichte zuständig.
  • Darüber hinaus geht von den Vormundschaftsgerichten auf die Familiengerichte die Zuständigkeit für die Entscheidung über verschiedene Einzelfragen über, so etwa für Entscheidungen betreffend die religiöse Kindererziehung gem. §§ 2 Abs. 3, 3 Abs. 2, 7 RelKErzG (Art. 63 FGG-RG), für Entscheidungen zur Bestimmung des Kindergeldbezugsberechtigten gem. § 3 Abs. 2 S. 3 BKKG, § 64 Abs. 2 S. 3 EStG (§ 231 Abs. 2 FamFG: Einordnung als Unterhaltssachen) und für Entscheidungen nach §§ 112, 113 Abs. 3 BGB (Art. 50 Nr. 4 FGG-RG).[5]
[4] Löhnig, FamRZ 2007, 518, 521, weist auf eine auch nach Inkrafttreten des FamFG verbleibende Zuständigkeit der Zivilprozessgerichte insoweit hin, als Unterlassungsansprüche nicht aus dem GewSchG, sondern aus dem BGB hergeleitet werden, und als es Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche betrifft. Das gilt allerdings nur insoweit, als nicht § 266 Abs. 1 FamFG einschlägig ist.
[5] Vgl. auch Begründung des RegE [Fn 3] zu § 151 FamFG, S. 519 f.

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