I. Die beteiligten Eheleute haben am 25.11.2008 die Ehe geschlossen. Mit Beschluss des AG – Familiengericht – Bamberg vom 5.4.2012 wurde die Ehe geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde durchgeführt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Endbeschluss vom 5.4.2012. Der Beschluss wurde dem anwaltlichen Vertreter des Antragsgegners am 10.4.2012 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 2.5.2012, beim AG Bamberg eingegangen am selben Tag, hat der Antragsgegner ein Verfahrenskostenhilfegesuch für ein beabsichtigtes Beschwerdeverfahren eingereicht. Mit der beabsichtigten Beschwerde verfolgt der Antragsgegner das Ziel, dass der Versorgungsausgleich bei der Scheidung nicht stattfinden soll. Hinsichtlich der Begründung des Verfahrenskostenhilfegesuchs wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 2.5.2012.

Die Antragstellerin ist dem Antrag entgegengetreten.

II. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Beschwerdeverfahren war zurückzuweisen, da die beabsichtigte Beschwerde keine hinreichende Erfolgsaussicht besitzt (vgl. § 76 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Das AG hat in seiner Entscheidung vom 5.4.2012 zu Recht den Versorgungsausgleich durchgeführt und § 27 VersAusglG nicht zur Anwendung gebracht. Auf die Gründe auf Seite 4 des Beschlusses vom 5.4.2012 wird Bezug genommen.

Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Bei § 27 VersAusglG handelt es sich um eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Die Vorschrift setzt allerdings andere und, vor allem durch das Merkmal der groben Unbilligkeit, strengere Maßstäbe als § 242 BGB (vgl. Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 2012, § 27 VersAusglG Rn 13).

Die Durchführung des Versorgungsausgleichs wird nicht allein dadurch unbillig, dass der insgesamt Ausgleichsberechtigte nach der Ehe weitere Anwartschaften erwerben kann, der insgesamt Ausgleichspflichtige aber nicht. Dies gilt grundsätzlich auch bei Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit (vgl. Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 2012, § 27 Rn 33).

Eine Anwendung des § 27 VersAusglG kann zwar etwa dann in Betracht kommen, wenn der Ausgleichspflichtige vorzeitig pensioniert wurde und seine Dienstunfähigkeitspension über Gebühr für den Ausgleich herangezogen wird (vgl. dazu Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 2012, § 27 Rn 33 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Dementsprechend könnte auch im vorliegenden Fall eine Anwendung des § 27 VersAusglG in Betracht gezogen werden, wenn der Antragsgegner "über Gebühr" belastet würde. Dies ist aber nicht der Fall. Entscheidend ist hierbei zu berücksichtigen, dass lediglich ein geringfügiger Ausgleich vorgenommen worden ist. Nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vom 27.12.2011 betragen die Entgeltpunkte des Antragsgegners aus allen Zeiten 12,1146, woraus sich – derzeit – eine Monatsrente von 332,79 EUR ergibt. Der Ehezeitanteil beträgt dabei 1,3561 Entgeltpunkte. Durch den durchgeführten Versorgungsausgleich reduziert sich diese Anwartschaft um 0,5437 Entgeltpunkte (0,6781 Entgeltpunkte [auf die Antragstellerin übertragene Entgeltpunkte] abzüglich 0,1344 Entgeltpunkte [auf den Antragsgegner übertragene Entgeltpunkte]). Im Ergebnis führt der Versorgungsausgleich damit zu einer Verringerung der Monatsrente der Anwartschaft des Antragsgegners aus allen Zeiten in Höhe von lediglich 4,49 %. Nach dem Vortrag des Antragsgegners würde sich der Versorgungsausgleich dahin auswirken, dass seine Erwerbsunfähigkeitsrente aktuell um 14,94 EUR gekürzt würde. Aber auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsgegner nur eine geringe Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 467, 98 EUR erhält, kann bei einer Reduzierung um 3,19 % nicht von einer groben Unbilligkeit ausgegangen werden, zumal die Monatsrente der Anwartschaft aus allen Zeiten bei der Antragstellerin derzeit nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vom 6.3.2012 auch lediglich 522,71 EUR beträgt (entspricht 19,0285 Entgeltpunkte), so dass fraglich ist, ob die Antragstellerin künftig über eine ausreichende Altersversorgung verfügen wird. Angesichts des Ausnahmecharakters des § 27 VersAusglG kann eine grobe Unbilligkeit damit nicht angenommen werden.

Auch die angespannte finanzielle Situation des Antragsgegners rechtfertigt nicht ein anderes Ergebnis. Denn allein der Umstand, dass ein Ehegatte aufgrund einer Kürzung seiner Anrechte bedürftig und künftig auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sein wird, genügt für eine Anwendung des § 27 VersAusglG regelmäßig nicht (vgl. BVerfGE 53, 257, 298; Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 2012, § 27 Rn 34). Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Beschwerde besteht daher nicht; der Verfahrenskostenhilfeantrag war zurückzuweisen.

Mitgeteilt von Michael Bramme, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Bamberg

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