aa) Prüfungsmaßstab und Kontrolldichte
Hingegen legt das Bundesverfassungsgericht diesen strengen Prüfungsmaßstab in solchen Fällen nicht an, in denen die Fachgerichte wegen Getrenntlebens der Eltern auf Antrag eines Elternteils über die künftige Wahrnehmung der elterlichen Sorge zu entscheiden haben, selbst wenn ein Elternteil dabei von der Sorge ausgeschlossen wird. Fehlt es an einem diesbezüglichen Einvernehmen der Eltern (vgl. auch § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), bleibt es in erster Linie den Familiengerichten vorbehalten zu beurteilen, inwieweit die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Der Ausschluss eines Elternteils von der Sorge ist von Verfassungs wegen nicht erst dann zulässig, wenn das Kindeswohl ansonsten nachhaltig gefährdet wäre. Die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich hier grundsätzlich darauf zu prüfen, ob die Fachgerichte eine auf das Wohl des Kindes ausgerichtete Entscheidung getroffen und dabei die Tragweite der Grundrechte aller Beteiligten nicht grundlegend verkannt haben. In diesem – im Verhältnis zur Konstellation des Art. 6 Abs. 3 GG zurückgenommenen – Prüfungsmaßstab spiegelt sich wider, dass der Staat bei der Entscheidung darüber, wie die elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern zwischen ihnen zu regeln ist, überhaupt nur auf Veranlassung mindestens eines Elternteils und lediglich vermittelnd zwischen den Eltern, nicht jedoch wie bei der Entziehung des Sorgerechts wegen einer Kindeswohlgefährdung von Amts wegen und von außen eingreifend, tätig wird. Der in der vollständigen oder teilweisen Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf der Grundlage von § 1671 BGB liegende Eingriff in das Elternrecht des einen Elternteils ist letztlich nur die Kehrseite davon, dass die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht gleichermaßen entspräche und dass es sich deswegen nicht vermeiden lässt, dass nicht beide Elternteile einen gleichen Kontakt und eine gleiche Zuwendung zu dem Kind entfalten können.
bb) Abänderung nach § 1696 Abs. 1 BGB
Dass eine Sorgerechtsregelung nach § 1696 Abs. 1 BGB nur abgeändert werden kann, wenn triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen, welche eine Änderung der ursprünglichen Regelung angezeigt erscheinen lassen, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Diese Regelung stellt im Interesse des Kindes aus Kontinuitätsgründen sicher, dass eine einmal getroffene Sorgerechtsentscheidung, obgleich sie nicht in materielle Rechtskraft erwächst, nicht beliebig und jederzeit, sondern erst nach Erreichen der genannten Änderungsschwelle modifizierbar ist. Selbst eine strenge Handhabung dieses Maßstabs begegnet, jedenfalls soweit es um einen Obhutswechsel geht, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.