BGH, Beschl. v. 31.7.2019 – XII ZB 36/19
Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Dabei hat der Einzelanwalt für den Fall einer Verhinderung im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen selbst für eine anwaltliche Vertretung Vorsorge zu treffen (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 16.4.2019 – VI ZB 44/18, juris und v. 10.4.2018 – VI ZB 44/16, NJW-RR 2018, 1210).
BGH, Beschl. v. 14.5.2019 – X ZR 94/18
a) Es kann eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Zustellungsadressat, der einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat, sich auf die Fehlerhaftigkeit einer Ersatzzustellung an diesem scheinbaren Wohnsitz beruft.
b) Dabei erfordern es die Sicherstellung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und die Beachtung der gesetzlichen Schranken für eine wirksame Ersatzzustellung grundsätzlich, dass der Zustellungsadressat bei dem Gericht oder einem Verfahrensbeteiligten bewusst einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt als Voraussetzung für eine Zustellung an dem betreffenden Ort hervorgerufen hat.
c) Fehlt es an einem solchen Verfahrensbezug des bewusst hervorgerufenen Anscheins einer Wohnung, darf es dem Zustellungsadressaten regelmäßig nur dann versagt werden, sich auf die Unwirksamkeit der Ersatzzustellung zu berufen, wenn er diesen Anschein zumindest insofern zielgerichtet herbeigeführt hat, als er Auswirkungen seines Handelns auf eine Zustellung in einem anhängigen oder möglicherweise bevorstehenden Verfahren in Kauf genommen hat oder sich ihm solche Auswirkungen zumindest aufdrängen mussten (Fortführung von BGH, Urt. v. 16.6.2011 – III ZR 342/09, BGHZ 190, 99).
OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.4.2019 – 13 UF 91/18
1. Zur Darlegung, ein fristwahrender Schriftsatz sei zuverlässig auf den Postweg gebracht worden, muss ein Wiedereinsetzungsgesuch die organisatorischen Maßnahmen zur Abwendung typischer Fehlerquellen und deren Einhaltung im Einzelnen ausführen. Hierzu gehören insbesondere Vorkehrungen, die geeignet sind, oft unbemerkte Handhabungsfehler zuverlässig zu verhindern.
2. Zu den Anforderungen an eine Einzelanweisung.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.5.2019 – 13 UF 94/18
1. Delegiert ein Anwalt die Ermittlung von Fristenden und deren Notierung im Fristenkalender, obliegen ihm eine Gegenkontrolle und die hierzu erforderlichen Vorkehrungen, insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen zuvor in den Fristenkalender eingetragen worden sind (BGH, Beschl. v. 6.2.2018 – II ZB 14/17, juris Rn 10; Beschl. v. 19.9.2017 – VI ZB 40/16, MDR 2017, 1380 Rn 8; Beschl. v. 29.6.2017 – III ZB 95/16, juris Rn 7; Besch. v. 15.4.2014 – II ZB 11/13, NJOZ 2014, 1339 Rn 9).
2. Werden dem Anwalt die Handakten zur Bearbeitung wegen einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt, so hat er zur Gegenkontrolle seiner Anweisungen die Notierung der Fristen im Fristenkalender zumindest anhand von Erledigungsvermerken in der Handakte zu prüfen.
3. Auch wenn ein Rechtsanwalt seine Angestellte im Wege einer Einzelanweisung angehalten hat, eine näher bestimmte Beschwerdebegründungsfrist zu notieren, so enthebt ihn dies nicht der Pflicht, im Rahmen der Vorbereitung einer Prozesshandlung, wie etwa der Einlegung der Beschwerde, die Richtigkeit der Notierung der Beschwerdebegründungsfrist eigenverantwortlich zu überprüfen (vgl. BGH NJW 2014, 2352).