In dem zugrunde liegenden Sachverhalt haben die Kindeseltern einige Jahre zusammen gelebt. Die Trennung liegt ein paar Jahre zurück. Die Mutter möchte die Alleinsorge behalten.

Sie lehnt jegliche Kooperation mit dem Vater ab. Sie hegt großes Misstrauen gegenüber dem Vater und möchte jeden Kontakt zu ihm vermeiden. Der Vater hingegen hält den Kontakt zu beiden Kindern (seit deren Geburt) und hält es durchaus für möglich, dass die Eltern wichtige Entscheidungen vernünftig und verantwortungsbewusst gemeinsam treffen.

In konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des EuGMR (Urt. v. 3.12.2009, Beschwerde Nr. 22028/04)[1] und des BVerfG (Beschl. v. 21.7.2010 – 1 BvR 420/09)[2] hat das AG Karlsruhe nach erfolgter Kindeswohlprüfung entschieden. In der Beschlussbegründung wird ausführt "die gemeinsame elterliche Sorge sowohl für eheliche als auch für nichteheliche Kinder entspreche grundsätzlich dem Kindeswohl". "Davon sei auszugehen, um eheliche und nichteheliche Kinder soweit wie möglich gleichzustellen".

Bemerkenswert ist der Umstand, dass das AG Karlsruhe eine "Negativprüfung" durchführt. In der Begründung wird der Maßstab benannt: "Die gemeinsame elterliche Sorge bei nichtehelichen Kindern scheidet" nur "dann aus, wenn die gemeinsame elterliche Sorge bei ehelichen Kindern gemäß § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB aufzuheben wäre".

Eine "Positivprüfung" unterbleibt. Aus Sicht des AG Karlsruhe gibt es also keine "Checkliste" von Eigenschaften oder Tatsachen, die ein bisher nicht sorgeberechtigter Elternteil mindestens erfüllen muss. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber weitere Hürden normiert. Die Novellierung der Sorgerechtsvorschriften (§§ 1626 Abs. 1, 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB) steht bekanntlich noch aus.

Mitgeteilt und kommentiert von Dirk Vollmer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Karlsruhe

[1] FamRZ 2010, 103 ff.
[2] FamRZ 2010, 1403 ff.

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