Die Entscheidung befasst sich mit der Übertragung des Freibetrages für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes (BEA), der neben dem Kinderfreibetrag i.H.v. 1.320,00 EUR gezahlt wird. Der BEA ist seit 2010 unverändert. Unterliegen die Eltern der Ehegattenveranlagung gem. § 26 EStG verdoppelt sich der Freibetrag. Fallen die Voraussetzungen der Ehegattenveranlagung weg, i.d.R. mit dem Jahr, welches auf die Trennung folgt, hat jeder Elternteil einen Anspruch auf den Freibetrag. Dieser kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen übertragen werden. Neben den Fällen der Verletzung der Unterhaltspflicht erweitert § 32 Abs. 6 S. 8 EStG die Übertragung (nur) bei minderjährigen Kindern an den Elternteil, bei dem das Kind gemeldet ist. Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Typisierung, die davon ausgeht, dass am Ort der Meldung auch eine umfassendere Betreuung stattfindet. Hierzu reicht der Antrag dieses Elternteils aus. Das Kind muss jedoch das ganze Jahr bei ihm gemeldet sein. Der Anteil geht in die Vergleichsberechnung des § 31 EStG (Günstigerprüfung Kindergeld/Kinderfreibetrag ein).

Dem Antrag kann der andere Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, nur dann widersprechen, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut. Zu fordern ist hier die Gleichstellung der privilegiert volljährigen Kinder gem. § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB, da die Unterhaltssituation vergleichbar ist.[1]

Grundsätzlich geht das Gesetz damit von einer hälftigen Teilung aus, wenn beide Elternteile den Betreuungs- und Erziehungsbedarf sicherstellen. Eine einvernehmliche Übertragung ist danach nicht möglich. Als nicht unwesentlich sieht der BFH einen Anteil von 10 v.H. an.[2] Aufgrund der Widerspruchsmöglichkeit (ab 1.1.2012) vertritt der BFH in dieser Entscheidung die Auffassung, dass der jeweils andere Elternteil nicht notwendig beizuladen ist. Auch hier gilt grundsätzlich die Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt. Die besondere Übertragungsnorm stellt jedoch speziell auf die Betreuung und Betreuungskosten, d.h. nicht auf den Barunterhalt ab. Die Übernahme von Betreuungskosten ist weiter als die Regelung zur steuerlichen Abzugsfähigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG[3] und muss zu einer Betreuung in vergleichbarem Umfang führen.

Die vorstehende Entscheidung schließt sich der Rechtsprechung des BFH an und stellt anhand der Umgangskalender fest, dass die Vereinfachungsgrenze des BFH mit 10 v.H. erreicht ist. Hierbei ist eine Gesamtschau vorzunehmen und es sind auch Besonderheiten zu berücksichtigen. Für die Anzahl der Tage ist nicht jeweils auf einen Zeitraum von 24 Stunden abzustellen. Ausreichend sind zumindest 12 Stunden, die über den Charakter bloßer Besuche hinausgehen. Selbst bei einer Unterschreitung der 10 v.H. Grenze kann eine Übertragung ausscheiden, wenn zwischen den Wohnorten eine größere Entfernung liegt (hier 163 km) und dadurch der Umgang erschwert wird, insbesondere, wenn der Berechtigte aufgrund seiner Arbeitsverpflichtung in der Woche nur erschwert den Umgang ausüben kann.

Der Entscheidung ist damit uneingeschränkt zuzustimmen. In der Praxis sollten diese Möglichkeiten bedacht werden. Der Widerspruch ist nicht formgebunden. Es reicht aus, wenn dieser im Rahmen des Einspruchs gegen den eigenen Steuerbescheid erhoben wird.[4]

Ralf Engels, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuer- und Familienrecht, Euskirchen

FF 11/2020, S. 459 - 462

[1] Ebenso Schmidt/Loschelder, EStG. 39. Aufl., § 32 Rn 94.
[3] BMF BStBl 2013 I S. 845 Rn 8.

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