Die besonders in die Grundrechte der beteiligten Eltern und Kinder eingreifenden Beschlüsse der Familiengerichte konnten bislang im Beschwerdeverfahren durch einen Einzelrichter überprüft werden, außerdem stand es den Familiensenaten offen, geeignete Fälle, in denen sämtliche vorgeschriebene Verfahrensschritte erstinstanzlich abgearbeitet worden waren, im schriftlichen Verfahren nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG zu entscheiden. Der Gesetzgeber will trotz der stetigen Forderung gerade aus der Anwaltschaft eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH in Familiensachen nicht einführen. Gleichzeitig erkennt er nun an, dass das Fehlen dieses Rechtsbehelfs in den besonders grundrechtssensiblen Kindschaftssachen deswegen problematisch ist, weil zweitinstanzlich auch ohne Einverständnis der Beteiligten ohne erneute Anhörung entschieden werden kann (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG). Dem trägt nun § 68 Abs. 5 FamFG Rechnung und hält fest, dass die Familiensenate in bestimmten Kindschaftssachen nicht mehr schriftlich entscheiden können. In den betroffenen Kinderschutzverfahren, bei denen die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach §§ 1666, 1666a BGB in Betracht kommt, bei Verbleibensanordnungen nach §§ 1632 Abs. 4, 1682 BGB und bei Umgangsverboten nach § 1684 Abs. 4 BGB entscheiden die Familiensenate nach einer Entscheidung in der Hauptsache künftig immer in Dreierbesetzung, lediglich die Anhörung des Kindes kann dem beauftragten Richter übertragen werden, § 68 Abs. 4 S. 2 FamFG. Die Besetzung der Senate mit drei Berufsrichtern stellt dabei in der Tat einen – auch der Transparenz dienlichen – verlässlichen Beratungsrahmen her und dürfte in den Kinderschutzverfahren und Umgangsverbotsverfahren, die der Gesetzgeber hier vorrangig im Blick hatte, der Qualitätssicherung dienen und die Akzeptanz der Entscheidungen steigern.
Der Gesetzgeber hatte hier offenbar Beschwerden gegen die erfolgte (Teil-) Entziehung der elterlichen Sorge und Umgangsverbote vor Augen. Hier kommt ein Sorgerechtsentzug bzw. Umgangsausschluss bereits nach Auffassung des Familiengerichts "in Betracht" und das kann ein Familiensenat nicht im schriftlichen Verfahren anders beurteilen. Wie jedoch das Beschwerdeverfahren ausgestaltet sein soll, wenn das Familiengericht gerade keinen Sorgerechtsentzug angeordnet hat, ist jedoch nicht klar geregelt. Der Gesetzeswortlaut ist in diesen Fällen auslegungsbedürftig, denn die Formulierung "wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt" lässt offen, auf wessen Einschätzung es für diese Bewertung ankommt. Soll beim Sorgerechtsentzug die Gefährdungseinschätzung des Jugendamts maßgeblich sein die abweichende, vom Familiensenat geteilte Auffassung des Familiengerichts, wonach keine Maßnahmen erforderlich sind? Was ist, wenn die Situation eines Kindes nur durch einen getrenntlebenden Vater, eine die gemeinsame elterliche Sorge ablehnende Mutter, die Großeltern oder Dritte als gefährdet eingestuft wird – und weder Jugendamt noch Familiengericht diesen Eindruck teilen? Noch häufiger werden Verfahren vor den Senaten anstehen, in denen das Familiengericht die Anregung eines umgangsunwilligen Elternteiles auf Umgangsausschluss nicht befolgt hat. Soll auf die Beschwerde dieses Elternteiles hin in jedem Fall eine Anhörung vor dem Familiensenat stattfinden, weil nach seiner Auffassung ein Umgangsverbot in Betracht kommt?
Die Gesetzbegründung erwähnt als Verfahrenssituationen, in denen keine Anhörung notwendig werden soll, nur die Zurückverweisung nach § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG und die Verwerfung einer Beschwerde als unzulässig. Besinnt man sich auf die dem Gesetz vorausgegangenen Missbrauchsfälle in Staufen und Nordrhein-Westfalen, kann nicht allein die Einschätzung des Familiensenats gelten, denn dann wäre die in § 68 Abs. 5 FamFG gewünschte bessere Sachaufklärung im Sechs-Augen-Prinzip von der Einordnung nach Papierlage abhängig – das war mit einiger Sicherheit nicht beabsichtigt. Deswegen dürfte wohl davon auszugehen sein, dass eine unterschiedliche Einschätzung der Gefahrenlage durch Jugendamt und Familiengericht/Familiensenat immer in eine Anhörung durch den Senat münden muss, während abweichende Einschätzungen durch Eltern nicht immer dazu zwingt. Eine abweichende Einschätzung durch den Verfahrensbeistand kann dagegen nach der hier vertretenen Meinung Anhaltspunkt dafür sein, dass eine Anhörung durch den Senat notwendig ist, wenn nach seiner Auffassung das Wohl des Kindes nur durch einen Sorgerechtsentzug, eine Verbleibensanordnung oder ein Umgangsverbot sichergestellt werden kann.
Die vom Gesetzgeber gewählte Differenzierung zwischen der Entziehung von Teilen der elterlichen Sorge einerseits (hier obligatorische Anhörung vor dem Senat) und bloßen Geboten andererseits (hier keine Anwendbarkeit des § 68 Abs. 5 FamFG) eignet sich nicht gut als Abgrenzungskriterium, weil ein Gebot ebenso in die Lebenswelt der Eltern und Kinder eingreifen kann, wie die Einsetzung einer Ergänzungspflegers – und weil...