Leitsatz (amtlich)

Wird mit der Beschwerde ausschließlich der Entzug des Umgangsbestimmungsrechts angegriffen, ist § 68 Abs. 5 Ziff. 1 FamFG nicht anzuwenden, so dass eine Wiederholung erstinstanzlicher Verfahrenshandlungen im Beschwerdeverfahren nicht erforderlich ist.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rüsselsheim vom 11. Januar 2022 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Mutter auferlegt.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 4.000,- Euro.

IV. Der Antrag der Mutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die betroffenen Kinder sind 11 und 12 Jahre alt. Ihre Eltern leben nach eigenen Angaben seit ca. 8 Jahren innerhalb der Wohnung getrennt. Ihnen wurde letztlich durch Beschluss des Senats vom 24. November 2021 das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht auf Antragstellung nach dem SGB VIII und die Gesundheitssorge entzogen (Az. ...).

Am 7. Dezember 2021 verhandelt das Amtsgericht ausführlich in den Verfahren ..., leitete noch im Termin das vorliegende Verfahren von Amts wegen ein, bestellte den Kindern eine Verfahrensbeiständin und hörte die Eltern sowie die Kinder ausführlich persönlich an. Das Jugendamt nahm Stellung und die Sache wurde auch im Hinblick auf die Frage der Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts erörtert.

Mit Beschluss vom 11. Januar 2022 entzog das Amtsgericht den Eltern das Umgangsbestimmungsrecht und übertrug dieses auf das Jugendamt des Kreises Stadt1 als Ergänzungspfleger. In seinem ausführlich begründeten Beschluss führte das Familiengericht aus, dass der Entzug des Umgangsbestimmungsrechts zur Abwehr einer Gefährdung des Kindeswohls geboten sei. Es sei - wie auch in dem vom Amtsgericht zitierten und vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH, NJW-RR 2016, 1089) zu befürchten, dass die Eltern, welche die Fremdunterbringung der Kinder nicht akzeptierten, sich über die familiengerichtliche Umgangsregelung des Amtsgerichts hinwegsetzen und einen ungehinderten und uneingeschränkten Umgang mit den betroffenen Kindern durchsetzen würden. Entsprechendes hätte die Mutter in ihrer persönlichen Anhörung bereits angekündigt. Auch sei die Mutter entgegen dem ausdrücklichen Hinweis des Senats im vorangegangenen Beschwerdeverfahren zur Kindesanhörung erschienen. Der Vater sei schließlich nicht in der Lage, das kindeswohlschädliche Verhalten der Mutter zu unterbinden bzw. sich gegen dieses durchzusetzen.

Gegen diese - ihr am 15. Januar 2022 zugestellte - Entscheidung wendet sich (nur) die - nicht anwaltlich vertretene - Mutter mit ihrer am 12. Februar 2022 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Es handele sich um eine von ständigen Verdrehungen und Lügen geprägte Willkür sowie Rechtsbeugung. Der Entzug des Umgangsbestimmungsrecht sei rechtswidrig.

Der Vorsitzende hat als Berichterstatter unter dem 29. März 2022 darauf hingewiesen, dass eine Erfolgsaussicht der Beschwerde nicht zu erkennen und weitere Verfahrenshandlungen nicht geboten seien. Hierzu hat die Beschwerdeführerin unter dem 13. April 2022 Stellung genommen.

Im Übrigen wird von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

II. Die nach § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässigen Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Insbesondere sind die gesetzlichen Voraussetzungen für den vom Amtsgericht beschlossenen Teilentzug der elterlichen Sorge (vgl. §§ 1666, 1666a BGB) der Mutter hinsichtlich des Aufgabenkreises Umgangsbestimmung erfüllt. Ob auch der Entzug der elterlichen Sorge des Vaters in diesem Teilbereich rechtmäßig erfolgt ist, hat der Senat nicht zu überprüfen, da dieser eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts nicht eingelegt hat.

Der Senat nimmt im Übrigen vollumfänglich Bezug auf die sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht sorgfältig begründete und überzeugende Entscheidung des Amtsgerichts, die sich auch im vollständigen Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs befindet. Auch das Beschwerdevorbringen lässt im Übrigen erkennen, dass bei einer Ausübung des Umgangsbestimmungsrechts durch die Mutter das Wohl ihrer beiden Kinder gefährdet wäre und mildere Mittel nicht ersichtlich sind, diese Kindeswohlgefährdung abzuwenden. Exemplarisch hierfür ist das Erscheinen der Mutter bei dem Termin zur Kindesanhörung im Verfahren ..., welches sie nach Überzeugung des Senats ohne jede Problemeinsicht hinsichtlich der belastenden Auswirkungen für ihre Sohn Leif dazu nutzte, die erschienen Begleitperson mit Vorwürfen zu belegen.

4. Eine hinreichende Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung ist vorhanden. Weitergehender Verfahrenshandlungen bedurfte es im Beschwerdeverfahren nicht. Vielmehr konnte insbesondere von einer (erneuten) persönlichen Anhörung der Kinder und der Eltern abgesehen werden, weil diese im ersten Rechtszug bereits vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntn...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge