a) Wie bereits angesprochen ist das Bundesverfassungsgericht ein Bürgergericht, weil nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG und § 90 Abs. 1 BVerfGG "jedermann" beschwerdeberechtigt ist. Es besteht zudem grundsätzlich kein Vertretungszwang, so dass die Bürgerinnen und Bürger die Verfassungsbeschwerde unmittelbar selbst erheben können. Die Ausnahme einer gebotenen Vertretung in einer mündlichen Verhandlung nach § 22 Abs. 1 Hs. 2 BVerfGG spielt in der gerichtlichen Praxis nur eine geringe Rolle.
b) Ungleich praktisch bedeutsamer ist der in Art. 94 Abs. 2 GG angelegte Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Ein Element der Subsidiarität ist das in § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG einfachrechtlich ausdrücklich angeordnete Gebot der Rechtswegerschöpfung. Soweit nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen von § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG vorliegen, kann die Verfassungsbeschwerde zulässig erst dann erhoben werden, wenn zuvor der fachgerichtliche Rechtsweg erschöpft und darüber hinaus alle zur Verfügung stehenden weiteren Möglichkeiten ergriffen worden sind, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder diese zu verhindern. Um dem Grundsatz der Subsidiarität zu genügen und der Funktion der Verfassungsbeschwerde zu entsprechen, müssen regelmäßig auch solche fachrechtlichen Rechtsmittel eingelegt werden, deren Statthaftigkeit im Fachrecht kontrovers beurteilt wird. Denn es muss zunächst der Fachgerichtsbarkeit überlassen bleiben, die streitige Zulässigkeitsfrage zu entscheiden.
Dem Gebot der Rechtswegerschöpfung ist auch im fach- und verfassungsgerichtlichen Eilrechtschutzverfahren grundsätzlich Rechnung zu tragen. So müssen etwa bei einstweiligem Entzug des Sorgerechts oder Teilen davon vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde und auch für einen isolierten Antrag auf Erlass einer gegen den vorläufigen Sorgerechtsentzug gerichteten einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG grundsätzlich die fachrechtlichen Eilrechtsschutzmöglichkeiten auf der Grundlage von § 54 Abs. 2, § 58 FamFG ergriffen werden. Anders als in anderen Teilrechtsgebieten führt das Gebot der Rechtswegerschöpfung insbesondere in Sorge- und Umgangsangelegenheiten aber nicht durchgängig dazu, dass Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde das jeweilige fachgerichtliche Hauptsacheverfahren durchlaufen haben müssen. Durch den damit regelmäßig verbundenen Zeitablauf könnten – etwa bei mit Trennung von Eltern und Kind einhergehenden vorläufigen Sorgerechtsentscheidungen oder längerfristigen Umgangsausschlüssen – sich in tatsächlicher Hinsicht Umstände ergeben (etwa Entfremdungseffekte), die bei einem Zuwarten mit verfassungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutz bis zum Abschluss des fachgerichtlichen Hauptsacheverfahrens nicht mehr korrigierbar wären. Das Verweisen auf die Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs auch im Hauptsacheverfahren wird dann häufig mit einem schweren und unabweisbaren Nachteil im Sinne von § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG verbunden sein.
Erhebliche praktische Bedeutung im Zusammenhang mit dem Gebot der Rechtswegerschöpfung kommt den fachrechtlichen Anhörungsrügen (etwa § 44 FamFG) zu. Wird mit einer späteren Verfassungsbeschwerde gegen fachgerichtliche Entscheidungen (auch) die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht, ist die Gehörsrüge Teil des zu beschreitenden Rechtswegs. Um den Zulässigkeitsanforderungen zu genügen, empfiehlt es sich in solchen Konstellationen, innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG (näher nachfolgend I.1.c) Verfassungsbeschwerde gegen die beanstandeten fachgerichtlichen Entscheidungen einzulegen, auf die bereits erhobene fachrechtliche Anhörungsrüge hinzuweisen und darum zu ersuchen, mit der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde zuzuwarten, bis das zuständige Fachgericht über die fachrechtliche Anhörungsrüge befunden hat. Soll mit der Verfassungsbeschwerde die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht werden, bedarf es der nachträglichen Übersendung der Entscheidung über die Anhörungsrüge und der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dieser. Dem letztgenannten Erfordernis wird bedauerlicherweise auch bei anwaltlich begleiteten Verfassungsbeschwerden nicht immer Rechnung getragen.
c) Die Verfassungsbeschwerde muss nach § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfG grundsätzlich innerhalb eines Monats, beginnend ab Bekanntgabe der letztinstanzlichen Entscheidung, eingelegt und begründet werden. Dabei kann es durchaus schwierig zu beurteilen sein, auf welche fachgerichtlichen Entscheidungen es für den Beginn der Frist ankommt oder anders formuliert, welche fachrechtlichen Rechtsbehelfe den Fristbeginn offenhalten. Für die Anhörungsrüge ist auf das Problem bereits hingewiesen worden (II.1.b). Vergleichbare Fragen stellen sich bei den in vielen Verfahrensordnungen eröffneten Nichtzulassungsbeschwerden. Im Kern geht es darum, dass nicht jede Anhörungsrüge und nicht jede Nichtzulassungsbeschwerde gleichsam automatisch ...