Ein erwerbsloser Unterhaltspflichtiger muss sich ausreichend um eine neue Arbeit bemühen und mit diesen Bemühungen frühzeitig beginnen, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes absehbar ist. Ausgehend von § 38 Abs. 1 SGB III wird angenommen, dass drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Arbeitsplatzsuche begonnen werden muss, wobei eine Verlängerung der Frist in Betracht zu ziehen sein kann, wenn eine längere Erkrankung in die Frist fällt oder eine berufliche Neuorientierung erforderlich wird. Auch ein langjähriger Sozialhilfebezug befreit nicht ohne weiteres von der Erwerbsobliegenheit, kann aber die Frage nach einer realistischen Erwerbschance aufwerfen.
Erforderlich ist eine Stellensuche über die Agentur für Arbeit oder ggfs. auch über auf Betreuung und Vermittlung besonderer Problemfälle spezialisierte Organisationen. Diese reichen für sich aber nicht aus. Zusätzlich geboten sind Eigenbemühungen des erwerbslosen Unterhaltspflichtigen, sei es in Reaktion auf Stellenangebote, sei es auch durch Eigeninserate, insbesondere bei der Suche nach einer qualifizierteren Anstellung.
Bewerbungen sind in der Regel schriftlich vorzunehmen, es sei denn, diese sind bei der konkreten Tätigkeit unüblich. Die Bewerbungsschreiben dürfen nicht so abgefasst sein, dass sich von vorneherein der Eindruck fehlender Eignung oder Arbeitsunlust aufdrängt. Die fehlende Ernsthaftigkeit einer Bewerbung kann sich auch aus der äußeren Form ergeben. Die Zahl der Bewerbungen ist Indiz für die notwendigen Arbeitsbemühungen, aber nicht ihr alleiniges Merkmal. Die Unfähigkeit, die Kosten für Bewerbungsschreiben aufzubringen, entlastet dabei nicht, da hierfür unterstützende Leistungen der Agentur für Arbeit in Anspruch genommen werden können (§ 44 SGB III).
Die mangelnde Arbeitssuche muss zudem ursächlich für die Arbeitslosigkeit sein. Ob der Arbeitssuchende bei ausreichenden Bemühungen eine Anstellung gefunden hätte, hängt von den objektiven Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt und seinen subjektiven Eigenschaften ab. Hier wird die frühere Rechtsprechung kritisch zu überprüfen sein, soweit sie auf einer schwierigen Arbeitsmarktlage beruhte. Der jetzt eklatante Mangel an Fachkräften, aber nicht nur an ihnen, bietet Arbeitssuchenden eine wesentlich günstigere Ausgangssituation.
Erstaunlich ist, dass die digitale Transformation – soweit ersichtlich – in die Rechtsprechung zu den Obliegenheiten bei Stellenverlust und Erwerbslosigkeit noch keinen Einzug gehalten hat. Portale wie Linkedin oder Xing finden bislang keine Erwähnung. Stellen werden zudem von Firmen, Kliniken usw. häufig (und z.T. nur noch) online angeboten, mit der Möglichkeit, sich sogleich online zu bewerben, selbst zu Initiativbewerbungen wird aufgefordert. Die Rechtsprechung wird daher nicht umhinkommen, sich künftig mit dieser Art von Bewerbungen jenseits des klassischen Bewerbungsschreibens intensiver auseinanderzusetzen und entsprechende Kriterien hierfür zu erarbeiten.