Gabriele Ey und Klaus Schnitzler
Im Koalitionsvertrag der Ampelparteien ist die "Förderung der partnerschaftlichen Betreuung der Kinder" auf allen Ebenen vereinbart worden. Dazu gehört auch die Neuregelung des Kindesunterhalts bei der Mitbetreuung der Kinder durch den an sich barunterhaltspflichtigen Elternteil. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat am 24.8.2023 ein Eckpunktepapier vorgestellt. Während es für das Residenzmodell und das paritätische Wechselmodell bei der derzeitigen, für das Wechselmodell aber noch nicht kodifizierten Rechtslage bleiben soll, wird die Unterhaltsberechnung im sog. asymmetrischen Wechselmodell gesetzlich neu konzipiert werden. Jeder Elternteil soll im symmetrischen Wechselmodell das Kind allein vertreten können. Auch der notwendige Selbstbehalt soll unter Berücksichtigung der regional unterschiedlichen Wohnkosten gesetzlich geregelt und durch eine Verordnungsermächtigung alle zwei Jahre angepasst werden. Schließlich ist die längst fällige Gleichstellung des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB und § 1615l BGB geplant.
Das vorliegende Heft befasst sich ausführlich mit den Einzelheiten der angedachten gesetzlichen Lösung. Das Eckpunktepapier selbst ist bereits im Vorheft (FF 2023, 385) abgedruckt worden. Die beiden Anlagen zu diesem Eckpunktepapier sind in dem Beitrag von RiOLG Dr. Alexander Witt wiedergegeben (S. 434). Die Anlage 1 betrifft die Ermittlung des Betreuungsanteils des barunterhaltspflichtigen Elternteils, wobei auf die Anzahl der Nächte abgestellt wird, die das Kind bei diesem Elternteil verbringt. Liegt seine Betreuungsleistung höher als 29 %, aber weniger als 50 %, so soll zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit pauschal von einem Betreuungsanteil von 1/3 ausgegangen werden. In Anlage 2 wird die vorgesehene mehrschrittige Unterhaltsberechnung beispielhaft dargestellt. Dabei wird der Kindesunterhalt nach dem beidseitigen Elterneinkommen berechnet, davon ein fester Pauschalbetrag von 15 % wegen der durch die Mitbetreuung beim hauptbetreuenden Elternteil eintretenden Kostenersparnis abgesetzt, hiervon unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts der Haftungsanteil des mitbetreuenden Elternteils berechnet, sodann der Betreuungsanteil mit 0,67 addiert, das Ergebnis halbiert und schließlich die Hälfte des Kindergeldes in Abzug gebracht. Das Eckpunktepapier haben die Vertreterinnen des BMJ Sylvia Frey-Simon und Nicole Siebert auf dem DFGT am 23.9.2023 in einer zusätzlich eingeschobenen Präsentation anschaulich dargestellt und erläutert. Vielleicht besteht auf der Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht in Fulda Gelegenheit zur Diskussion.
Der Ausschuss Familienrecht des DAV hat eine prinzipiell befürwortende Stellungnahme zu dem Entwurf abgegeben, die sich ebenfalls in diesem Heft findet (S. 430). Er begrüßt die Vorschläge im BMJ-Eckpunktepapier, fordert aber zu Recht eine gesetzliche Regelung auch des paritätischen Wechselmodells und regt Ergänzungen zum Betreuungsunterhalt an.
Ausführlich erläutert und kommentiert Witt das Eckpunktepapier des BMJ (S. 434), stellt ein eigenes Berechnungsmodell mit anderen Schwellen für den Mitbetreuungsanteil vor und spricht sich jedenfalls für eine Verschlankung des Berechnungsmodells aus.
Auf der Grundlage der mit dem Eckpunktepapier intendierten fachöffentlichen Diskussion will das BMJ möglichst zeitnah einen Referentenentwurf erarbeiten. Dabei soll die Düsseldorfer Tabelle erhalten bleiben, notwendige Anpassungen werden aber vorzunehmen und zu berücksichtigen sein.
Neben der Diskussion um die vorgesehenen gesetzlichen Änderungen rücken auch andere Fragen des Unterhaltsrechts, um das es ruhiger geworden zu sein schien, wieder in den Vordergrund. VRinOLG a.D. Prof. Dr. Isabell Götz setzt sich in ihrem Beitrag "Faule Ausrede, oder was?" mit Einwänden gegen die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten auseinander. Für das kommende Heft ist ein Beitrag von Prof. Dr. Winfried Born vorgesehen, der sich Fragen der Neuberechnung bei überobligationsmäßigen Einkünften widmet.
Autor: Gabriele Ey, Klaus Schnitzler
Gabriele Ey, Vors. Richterin am OLG a.D., Bonn/Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen
FF 11/2023, S. 425