An die Qualität der Bewerbungen werden hohe Anforderungen gestellt, weil die Qualität die Ernsthaftigkeit der Bemühungen um eine Arbeitsstelle dokumentiert. Sie ist daher auch wichtiger als die bloße Anzahl der Bewerbungen. Mit einer großen Anzahl an Bewerbungen kann Arbeitswilligkeit vorgespiegelt werden, die gar nicht besteht.
Die Bewerbungsbemühungen müssen qualifiziert und gezielt sein, es muss ein von Ernsthaftigkeit getragener Wille zum Ausdruck kommen, einen den Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Die Bewerbungen müssen aussagekräftig sein und Bezug zur konkreten Stelle ausweisen, das bedeutet, dass mehr oder minder individuelle Anschreiben gefertigt werden müssen. Die eigenen Fähigkeiten müssen gerade in Bezug auf die begehrte Arbeitsstelle dargestellt werden. Bei weiteren Besonderheiten wie große Entfernung des Wohnorts zum begehrten Arbeitsplatz sollte auch darauf eingegangen und etwaige Zweifel an der Geeignetheit des Bewerbers ausgeräumt werden.
Die Bemühungen sollten nicht durch Serienbriefe mit immer demselben Anschreiben – egal auf welche Arbeitsstelle – gekennzeichnet sein. Die Bewerbungen müssen grammatikalisch richtig und äußerlich ansprechend sein und – bei schriftlichen Bewerbungen – der heute üblichen Form entsprechen und nicht handschriftlich abgefasst sein. Gegebenenfalls müssen Hilfen zur Gestaltung und Formulierung über das Internet oder das Jobcenter in Anspruch genommen werden. Subjektive Fehleinschätzungen entlasten den Betroffenen nicht.
Dringend abzuraten ist von Bewerbungsschreiben, die sich als Bitte zur Absage lesen lassen oder den Eindruck von Unlust zum Arbeiten erwecken, wie z.B. durch Mitteilung des familiären Schicksals oder von Krankheiten oder durch die Erwähnung nur von stellenfremden Qualifikationen. Auch Bewerbungen auf Arbeitsstellen, die eine nicht vorhandene Qualifikation erfordern, gelten als unbrauchbar. Andererseits sind auch schon Bewerbungen auf Erwerbsbereiche mit erheblichem Bedarf an Arbeitskräften ohne Rücksicht auf die Qualifikation verlangt worden.
Das OLG Bamberg hat im Urteil vom 30.7.1987 zu den Bemühungen einer geschiedenen Ehefrau, die angemessen als Augenoptikerin, Sekretärin oder Angestellte im Verwaltungsbereich hätte arbeiten können, ausgeführt:
Zitat
"Schon die äußere Form vieler Bewerbungsschreiben der AGg. läßt Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bemühungen aufkommen. So weisen zahlreiche derartige Schreiben, in denen sich die AGg. als Arzthelferin, Verwaltungsangestellte, Sachbearbeiterin u.Ä. beworben hat, gravierende Schreibfehler auf, die bei einem Arbeitgeber sofort Bedenken an der behaupteten fachlichen Qualifikation erwecken müssen. Daß die AGg. diese Mängel übersehen haben könnte, kann bei der Vielzahl der Fehler ausgeschlossen werden. Auch der wiederholte Hinweis auf die Scheidung, ohne daß hierfür ein sachlicher Grund bestanden hätte, ist nicht dazu angetan, die Aussagekraft der Bewerbungsschreiben zu erhöhen."
Unverständlich und wertlos sind auch die Bewerbungen der AGg. um eine Stelle als Arzthelferin und Pharmareferentin. Der AGg. war mindestens seit August 1984 bekannt, daß sie aufgrund ihrer Erkrankung und der fehlenden Zulassungsvoraussetzungen für eine solche Tätigkeit von vornherein nicht in Frage kam. Wenn sie sich dennoch hierfür beworben hat, so offensichtlich nur deshalb, um die Zahl der dem Gericht vorzulegenden Bewerbungen zu vergrößern. Eine ernsthafte, aussichtsreiche Erwerbsbemühung kann darin jedenfalls nicht gesehen werden.“
Diese strengen Anforderungen werden auch heute noch gestellt. Das OLG Hamm hat im Urteil vom 2.3.2012 zum Trennungsunterhalt die Verwendung eines einzigen Bewerbungstextes über 15 Monate hinweg bemängelt sowie die Betonung der jahrzehntelangen Familienphase, grammatikalische und unübersehbare Schreibfehler, wie die Kleinschreibung des Personalpronomens in der Anrede, was so gut wie zwangsläufig zur sofortigen Aussortierung der Bewerbung führe. Darüber hinaus wird über die Bemühungen der Berechtigten ausgeführt:
Zitat
"Die Klägerin hat sich durchgehend zu einem ganz erheblichen Teil auf Stellenausschreibungen beworben, die verschiedene zwingende Qualifikationsvoraussetzungen nannten, über die die Klägerin nicht verfügte. Die Bewerbungsschreiben gehen mit keinem Wort darauf ein, warum die Klägerin sich dennoch auf diese Stelle bewirbt und wie sie gegebenenfalls das Fehlen der vorgegebenen Qualifikationen ausgleichen könnte. Es fehlen zudem so gut wie vollständig Bewerbungen bei Zeitarbeitsfirmen, was für die Klägerin als faktisch ungelernte Kraft noch die beste Möglichkeit des Wiedereinstiegs ins Berufsleben gewesen wäre. Die Klägerin hat zudem selbst kein Zeitungsinserat geschaltet, auch nicht als Haushaltshilfe o.ä. Besonders auffällig, sogar unverständlich ist angesichts der Tätigkeit der Klägerin von April 2004 bis Dezember 2006 der Umstand, dass die Klägerin in keinem einzigen ihrer Bewerbungsschreiben auf dieses Arbei...