Das OLG Frankfurt hatte sich in einer Entscheidung mit der Frage zu befassen, ob nach Inkrafttreten von § 1626a BGB neuer Fassung eine Entscheidung über das Sorgerecht, die auf Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 ergangen ist, als Erstentscheidung oder aber als Abänderungsentscheidung zu ergehen hat. Im Hinblick auf die Kriterien, die § 1696 BGB aufstellt, ist dies von Bedeutung. Bei einer Abänderungsentscheidung sind solche Gründe nicht beachtlich, die schon bei Erlass der ersten Entscheidung vorgelegen haben, darüber hinaus muss es sich um eine wesentliche Änderung handeln. Eine Änderung kann nur erfolgen, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist.
Allerdings regelt § 1696 Abs. 1 ausdrücklich, dass Entscheidungen nach § 1626a unter den Voraussetzungen des § 1671 BGB abgeändert werden können. Für die erstmalige Abänderung einer Entscheidung nach § 1626a BGB ist damit die Abänderungsschwelle nicht so hoch, wie bei einer Änderung der Entscheidung nach § 1671 BGB, die nur unter den Voraussetzungen des § 1696 BGB abgeändert werden kann.
Das OLG Frankfurt nun hat entschieden, dass eine Entscheidung, die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 ergangen ist, und den Vorgaben dieser Entscheidung gerecht wird, nur unter den Voraussetzungen des § 1696 BGB abgeändert werden kann. Dabei hat das Gericht im Einzelnen ausgeführt, dass nach seiner Auffassung die Anforderungen, die der Gesetzgeber an die Herstellung der gemeinsamen Sorge stellt, niedriger seien, als die Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat.
Damit deckt sich die Entscheidung mit den oben dargestellten Grundsätzen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war eine positive Feststellung erforderlich, dass die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl dient. Nach der gesetzlichen Neuregelung ist eine negative Kindeswohlprüfung ausreichend. Bereits das führt allerdings entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt dazu, dass ein neuer Antrag des Kindesvaters auf Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge als neues Verfahren zu werten ist, da die gesetzlichen Anforderungen für ihn niedriger geworden sind.
Als weitere Begründung führt das Gericht an, dass sich durch die gesetzliche Neuregelung nichts daran geändert habe, dass der gemeinsamen elterlichen Sorge vor der Alleinsorge eines Elternteils kein Vorrang eingeräumt werde. Des Weiteren sei auch hier ein Regel-Ausnahmeverhältnis zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht konstituiert worden. Das entspricht allerdings nicht der gesetzgeberischen Wertung. Das Gesetz konstruiert eine Vermutung, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht, wenn keine Gründe vorgetragen werden, die der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können. Im Rahmen von § 1626a BGB aber ist daher im Gegensatz zu § 1671 BGB ein Vorrang der gemeinsamen elterlichen Sorge konstituiert.
Die Abänderung einer ablehnenden Sorgerechtsentscheidung, die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergangen ist, hat daher ebenfalls unter den Voraussetzungen des § 1671 BGB zu erfolgen wegen der niedrigeren Anforderungen und der neuen Wertung des Gesetzgebers in Richtung eines Vorranges der gemeinsamen elterlichen Sorge. Für Entscheidungen nach § 1626a BGB neuer Fassung hat der Gesetzgeber ausdrücklich geregelt, dass die erste Abänderung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 1671 BGB erfolgen kann. Eine Begründung dafür, warum aber Entscheidungen, die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 ergangen sind, die höhere Eingriffsschwelle des § 1696 BGB in der Abänderung benötigen sollten, ist jedoch nicht ersichtlich. Eher könnte man die Auffassung vertreten, dass sogar ein Neuantrag nach § 1626a BGB zulässig sein sollte.