Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt ergänzend § 41 FamGKG. Es ist zunächst vom Wert der Hauptsache auszugehen und dieser bei geringerer Bedeutung herabzusetzen (§ 41 S. 1 FamGKG), i.d.R. um die Hälfte (§ 41 S. 2 FamGKG). Bei Ansprüchen nach § 1 GewSchG ergibt sich danach ein Wert von 1.000,00 EUR, bei Ansprüchen nach § 2 GewSchG i.H.v. 1.500,00 EUR.
Soweit Gegenstand des Anordnungsverfahrens sowohl Ansprüche nach § 1 GewSchG als auch nach § 2 GewSchG sind, werden auch hier die (hälftigen) Werte nach § 33 Abs. 1 FamGKG zusammengerechnet; es ist dann i.d.R. von einem Gesamtwert i.H.v. 2.500,00 EUR auszugehen.
Ebenso sind die ggf. ermäßigten Werte zusammenzurechnen, wenn die einstweilige Anordnung für mehrere Auftraggeber beantragt wird.
Werden dagegen mehrere Gewaltschutzanordnungen auf derselben Grundlage beantragt (also z.B. ein Näherungsverbot, ein Kontaktaufnahmeverbot usw. nach § 1 GewSchG), findet eine Addition der Werte nicht statt; es ist dann von einem Wert i.H.v. 1.000,00 EUR auszugehen.
Je nach Bedeutung, insbesondere bei Vorwegnahme der Hauptsache, kann von einer Ermäßigung abgesehen werden und ein höherer Wert als die hälftige Hauptsache, bis zum vollen Wert, angenommen werden.
Die Auffassung, dass der Verfahrenswert auf den Wert der Hauptsache festzusetzen sei, wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren mit einem Vergleich der Streit der Beteiligten umfassend geregelt und beigelegt wird, ist allerdings unzutreffend. Insoweit liegt vielmehr ein Mehrwert in Höhe des Hauptsachewerts vor.
Wie in diesen Fällen abzurechnen ist, hängt davon ab, ob die Hauptsache bereits anhängig ist oder noch nicht.
Beispiel
Die Antragstellerin beantragt, ihr gem. § 2 GewSchG die bisher gemeinsam genutzte Wohnung zu überlassen. Das Gericht beraumt Termin zur mündlichen Verhandlung im einstweiligen Anordnungsverfahren an. Dort wird eine Einigung über eine vorläufige Regelung getroffen und gleichzeitig auch über die endgültige Zuweisung der Wohnung.
Ausgehend von dem hälftigen Wert der Hauptsache beträgt der Wert des Verfahrens 1.500,00 EUR (§§ 49 Abs. 1, 41 FamGKG). Durch die Einbeziehung der Hauptsache entsteht für den Vergleich ein Mehrwert von 3.000,00 EUR (§ 49 Abs. 1 FamGKG bzw. § 48 Abs. 1 FamGKG). Die Verfahrens- und die Terminsgebühr entstehen jeweils aus dem Gesamtwert (§ 22 RVG). Die Einigungsgebühr entsteht zu 1,0 aus 1.500,00 EUR (Nr. 1003 VV RVG) und zu 1,5 aus 3.000,00 EUR (Nr. 1000 VV RVG). Zu beachten ist § 15 Abs. 3 RVG.
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 1.500,00 EUR) |
149,50 EUR |
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3100, 3101 VV RVG (Wert: 3.000,00 EUR) [die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 4.500,00 EUR (393,90 EUR), ist nicht überschritten] |
160,80 EUR |
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 4.500,00 EUR) |
424,80 EUR |
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1000, 1003 VV RVG (Wert: 1.500,00 EUR) |
115,00 EUR |
5. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG (Wert: 3.000,00 EUR) [die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, 1,5 aus 4.500,00 EUR, ist nicht überschritten] |
301,50 EUR |
6. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
1.171,60 EUR |
7. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
222,60 EUR |
Gesamt |
1.394,20 EUR |
Beispiel
Wie vorangegangenes Beispiel. Die Hauptsache war jedoch bereits anhängig. Dort war aber noch nicht verhandelt worden.
Im einstweiligen Anordnungsverfahren ist abzurechnen wie im vorangegangenen Beispiel, allerdings mit der Maßgabe, dass jetzt wegen der Anhängigkeit der Hauptsache insgesamt nur eine 1,0-Einigungsgebühr anfällt.
In der Hauptsache entsteht lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr aus 3.000,00 EUR nebst Auslagen und Umsatzsteuer. Allerdings ist hier die im einstweiligen Anordnungsverfahren verdiente 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV anzurechnen.
I. Einstweiliges Anordnungsverfahren |
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1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 1.500,00 EUR) |
149,50 EUR |
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3100, 3101 VV RVG (Wert: 3.000,00 EUR) [die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 4.500,00 EUR (393,90 EUR), ist nicht überschritten] |
160,80 EUR |
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 4.500,00 EUR) |
424,80 EUR |
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1000, 1003 VV RVG (Wert: 4.500,00 EUR) |
303,00 EUR |
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
1.058,10 EUR |
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
201,04 EUR |
Gesamt |
1.259,14 EUR |
II. Hauptsache |
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1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 3.000,00 EUR) |
261,30 EUR |
2. anzurechnen gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV RVG, 0,8 aus Wert: 3.000,00 EUR |
-160,80 EUR |
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
120,50 EUR |
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
22,90 EUR |
Gesamt |
143,40 EUR |