Nach dem alten Recht ermöglichte § 1587c BGB für den öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleich und § 1587h BGB für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich eine Korrektur der Durchführung des Versorgungsausgleichs und möglicherweise dadurch bedingter unbilliger Ergebnisse.
Nach der Neuregelung des Versorgungsausgleichs durch das VersAusglG zum 1. September 2009 ist eine einheitliche Vorschrift gefunden worden.
Zitat
§ 27 VersAusglG Beschränkung oder Wegfall des Versorgungsausgleichs
1. Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre.
2. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.
Die Härteregelung ist ein Gerechtigkeitskorrektiv für die Fälle, in denen die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs zu einem der Gerechtigkeit in nicht erträglicher Weise widersprechenden Ergebnis führen würde.
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1. Bei der Auslegung des Merkmals der groben Unbilligkeit in § 1587c Nr. 1 BGB ist zu beachten, dass es Zweck dieser Vorschrift ist, solche mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs verbundenen Eingriffe in die durch Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Rechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten zu vermeiden, die nicht mehr durch Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt sind. Die Vorschrift kann daher nicht dazu herhalten, jegliches eheliches Fehlverhalten durch einen Ausschluss oder eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs zu sanktionieren; der Versorgungsausgleich soll nicht als Belohnung für eheliche Treue dienen. Das Vorliegen einer "groben Unbilligkeit" muss sich – wie auch der Wortlaut des § 1587c Nr. 1 BGB zeigt – aus einer Würdigung der beiderseitigen Verhältnisse der Eheleute ergeben. Schließlich ist zu prüfen, ob eine Kürzung – statt eines Ausschlusses – des Versorgungsausgleichs eine "grobe Unbilligkeit" vermeiden kann.
2. a) Im Rahmen der Würdigung der beiderseitigen Verhältnisse der Eheleute widerspricht es Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 GG, wenn der für das Entstehen des Ausgleichanspruchs entscheidende Beitrag des Ehegatten (hier: Haushaltsführung und Erziehung der beiden gemeinsamen Kinder durch die Ehefrau seit der Heirat im Jahre 1958 bis zur Trennung im Jahre 1993) unbeachtet gelassen wird, und wenn – bereits entgegen dem Wortlaut des § 1587c Nr. 1 BGB – lediglich die wirtschaftlichen Verhältnisse des ausgleichsberechtigten Ehegatten berücksichtigt (hier: auf Seiten der Ehefrau deren lastenfreies Einfamilienhaus, Kapitalvermögen mit Zinseinkünften und eigene Rentenanwartschaften von monatlich 439,93 DM) und dahingehend gewürdigt werden, dass der Ehegatte durch eigenes Einkommen und Vermögen anderweitig gesichert und deshalb die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht erforderlich sei.
b) Bei einem persönlichen Fehlverhalten des ausgleichsberechtigten Ehegatten (hier: intimes Verhältnis der Ehefrau mit einem anderen Mann während 22 Ehejahren) ist zu prüfen, ob und inwieweit sich dieses Fehlverhalten entscheidend auf die beiderseitigen Verhältnisse der Eheleute ausgewirkt, insbesondere den ausgleichspflichtigen Ehegatten beeinträchtigt hat.
In dem Vorverfahren hatte das OLG Oldenburg den Versorgungsausgleich nach § 1587c Nr. 1 BGB komplett ausgeschlossen, während das Amtsgericht Osnabrück noch den Versorgungsausgleich zulasten des Ehemannes durchgeführt hatte.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Entscheidungen zum alten § 1587c BGB, gesetzlicher Versorgungsausgleich, und zum § 1587h BGB, schuldrechtlicher Versorgungsausgleich, auch nach wie vor herangezogen werden können, um die Entscheidung im Einzelfall zu überprüfen und Parallelentscheidungen heranzuziehen. Notwendig ist eine umfassende Einzelfallabwägung. Grundrechtsverletzungen sollen im Rahmen der Durchführung des Versorgungsausgleichs durch die Anwendung des § 27 VersAusglG verhindert werden. Wir haben zwar eine neue Vorschrift, aber im Grunde genommen ist die bisherige Generalklausel auch rechtstechnisch heranzuziehen.
Insbesondere die zu § 1587c und § 1587h BGB ergangenen Urteile können zur Begründung eines Härteregelungstatbestandes berücksichtigt werden. Demzufolge kann auf die alte Vorschrift und die insofern entstandenen und entwickelten Fallgruppen zurückgegriffen werden.
Der Versorgungsausgleich findet nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter der Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse grob unbillig wäre (Ausnahmevorschrift).
Grobe Unbilligkeit liegt nur dann vor, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Hierbei dürfen Umstände nicht alleine deshalb berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben. Beiderseitiger Vermögenserwerb ist von Bedeutung.
Es muss eine Zukunftsprognose im Hinblick auf die zukünftig eingetretenen und eintretenden Verhältnisse getroffen werden. Für die Bewertung der beiderseitigen Verhältnisse der Ehepartner ist der Vermögenserwerb von beso...