Der BGH baut in vorliegender beifallswürdiger Entscheidung zum Unterhaltsregress des Scheinvaters auf seiner Rechtsprechung zur Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB auf und ergänzt das Instrumentarium des Scheinvaters – hier liegt die Neuerung – um einen vorbereitenden Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Kindesmutter über die Person des (mutmaßlichen) biologischen Vaters. Vorliegend war dem Scheinvater zwar bekannt, dass ein Mann Unterhaltszahlungen für das Kind leistete, die Kindesmutter hatte jedoch Auskünfte über die Identität dieses Mannes (und mutmaßlichen biologischen Vaters) abgelehnt und war auch auf das zur Wahrung ihrer Intimsphäre unterbreitete Angebot einer anonymen Befriedigung der Regressansprüche des Scheinvaters nicht eingegangen.
Durchbrechung der Rechtsausübungssperre
Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB bestimmt, dass Rechtswirkungen der Vaterschaft erst nach Feststellung der Vaterschaft im Statusverfahren geltend gemacht werden können. Ausnahmsweise kann diese Sperre jedoch durchbrochen werden. Zwei derartige Ausnahmen sind gesetzlich angeordnet: (a) Bereits sobald ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren anhängig ist, sind Maßnahmen zum Zweck der vorläufigen Unterhaltssicherung im Wege der einstweiligen Anordnung möglich, § 248 Abs. 1 FamFG. (b) Außerdem kann das Abstammungsfeststellungsverfahren mit einer Unterhaltssache verbunden werden, § 179 Abs. 1 FamFG; allerdings darf der Unterhaltsausspruch nicht vor Rechtskraft des Beschlusses, der die Vaterschaft feststellt, wirksam werden, § 237 Abs. 4 FamFG.
Darüber hinaus hat die Rechtsprechung zwei Fallgruppen zulässiger Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen biologischen Vater des Kindes entwickelt: (c) Für arglistiges oder deliktisches Verhalten eines Beteiligten oder kollusives Zusammenwirken der Beteiligten zum Nachteil des Scheinvaters und (d) ohne dass diese hohen Voraussetzungen erfüllt sein müssten auch bereits dann, wenn ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben. Vorliegend konnte sich der BGH auf Fallgruppe d stützen, die damit gleichzeitig spätestens jetzt zur ständigen Rechtsprechung des Gerichts geworden ist.
Anspruch auf Auskunft über die Identität des biologischen Vaters
Die Besonderheit des vorliegenden Falles bestand darin, dass der klagende Scheinvater nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung nicht wusste, welchen Mann er als (mutmaßlichen) biologischen Vater und damit als Regressschuldner, § 1607 Abs. 3 BGB, in Anspruch nehmen sollte, wohl aber wusste er, dass ein Mann, dessen Identität die Kindesmutter nicht preisgab, regelmäßig Kindesunterhalt zahlte. Deshalb begehrte er von der Kindesmutter Auskunft über die Identität dieses Mannes. Einen solchen Anspruch gewährte das Gericht zutreffend nicht aus § 1605 BGB (bzw. §§ 1615l Abs. 3 S. 1, 1605 BGB), weil dieser Auskunftsanspruch seiner Funktion nach nur auf Auskünfte gerichtet ist, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse eines Unterhaltsschuldners als Bemessungsgrundlage für Unterhaltsansprüche betreffen.
Ebenso zutreffend stützt das Gericht einen solchen Anspruch jedoch auf § 242 BGB. Diese Norm ist wegen ihrer systematischen Stellung im Allgemeinen Schuldrecht nur anwendbar, wenn zwischen den Beteiligten ein rechtsgeschäftliches oder gesetzliches Schuldverhältnis besteht. Das Berufungsgericht zog sich mit der ebenso unscharfen wie unzutreffenden Formulierung aus der Affäre, § 242 BGB setze eine "Sonderbeziehung" voraus, für die "jeder qualifizierte soziale Kontakt" ausreiche. Der BGH wird zu Recht deutlicher: Zwischen den rechtlichen Eltern eines Kindes bestehe, auch wenn sie nicht miteinander verheiratet sind, ein "sonstiges familienrechtliches Verhältnis" (Rn 20); das gemeinsame rechtliche Kind verbinde "die Eltern in vielfältiger Weise miteinander" (Rn 21). Das Gericht knüpft damit an seine vor zehn Jahren ergangene Entscheidung zur Umgangsvereitelung, in der es ausgeführt hatte, das jedem Elternteil zustehende Recht zum Umgang mit seinem Kind begründe "zwischen dem Umgangsberechtigten und dem zur Gewährung des Umgangs Verpflichteten ein gesetzliches Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art [ … ], an dem das Kind als Begünstigter teilhat". Mit anderen Worten: Zwischen den rechtlichen Eltern eines Kindes besteht – ohne dass dies etwas mit einer Ehe zwischen den Eltern zu tun hätte – ein Rechtsverhältnis, das sich als gesetzliches Schuldverhältnis kennzeichnen lässt und das – denkt man nur folgerichtig weiter – vielfältige Ansprüche und Rechtswirkungen generieren kann, unter anderem auch Auskunftsansprüche. Unschädlich ist dabei, dass dieses Rechtsverhältnis durch die Anfechtung der Vaterschaft inzwischen erloschen ist, denn es kann – wie jedes Rechtsverhältnis – ...