Unter der festgestellten Prämisse, dass § 1687 für jedwedes Sorgemodell offen ist, stellt sich die Frage, warum die gerichtliche Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 nicht auch den periodischen Wechsel des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder gar der Alleinsorge zum Gegenstand sollte haben können, um so das Wechselmodell "zu installieren". Eine solch zeitliche Aufspaltung des Sorgerechts erscheint möglich. Das genannte Ergebnis – eine die Eltern bindende Installation des Wechselmodells oder überhaupt eines Sorgemodells – ist dem Gericht über § 1671 Abs. 1 hingegen verwehrt:
Aus der periodischen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Alleinsorge resultiert ebenso wenig eine verbindliche Festlegung des Wechselmodells, wie die alleinige Zuweisung die Installation des Residenzmodells garantiert. Zwar wird im letzteren Falle der begünstigte Elternteil in aller Regel dergestalt von seinem Recht Gebrauch machen, dass er den gewöhnlichen und überwiegenden Kindesaufenthalt bei sich und damit das Residenzmodell festlegt, wodurch der Eindruck erweckt wird, das Gericht habe unmittelbar das Residenzmodell begründet. Was hindert aber den aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil, bei – u.U. nach Abschluss des Verfahrens eingetretener – Bereitschaft auch des anderen zur Betreuung das Wechselmodell festzulegen?
Der Unterschied zwischen der Begründung des Residenzmodells und derjenigen des Wechselmodells besteht darin, dass der das Residenzmodell präferierende Elternteil dieses nach Erhalt des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts problemlos gegen den Willen des anderen Elternteils durchsetzen kann, indem er den Kindesaufenthalt bei sich festlegt. Die Begründung des Wechselmodells in Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch beide Elternteile vor einer gerichtlichen Entscheidung oder nach Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil setzt demgegenüber denknotwendig die Bereitschaft beider voraus, wird doch in den seltensten Fällen ein Elternteil der einseitigen Bestimmung des Kindesaufenthalts bei sich durch den anderen Elternteil Folge leisten. Doch auch im Falle der Aufteilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach Zeiträumen hindert den jeweils berechtigten Elternteil – rechtlich – nichts daran, den Kindesaufenthalt beim anderen Elternteil festzulegen. Und damit wird deutlich, worum es dem das Wechselmodell beantragenden Elternteil wirklich geht: Das Gericht soll nicht bloß die – wie gesehen: wenig hilfreiche – Verteilung der Sorgerechtspositionen vornehmen, sondern das Wechselmodell – d.h. die jeweiligen konkreten Betreuungszeiträume der Eltern – unmittelbar und verbindlich festlegen. Dies kann das Gericht aber nur dadurch erreichen, dass es den Eltern neben der periodischen Zuweisung der Rechtsposition zur Bestimmung des Kindesaufenthalts aufgibt, wie von dem Recht Gebrauch zu machen ist, nämlich dass das Kind im jeweils zugewiesenen Zeitraum zu sich zu nehmen ist. Damit begehrt der antragstellende Elternteil aber nicht mehr nur die Rechtsposition Aufenthaltsbestimmungsrecht, sondern die Regelung des konkreten Aufenthalts durch das Gericht anstelle der Eltern.
Diese Aufgabe – die Bestimmung des Aufenthalts und der damit einhergehenden Betreuungsleistung jedes Elternteils – stellt als Teil der Sorge (§ 1631 Abs. 1) jedoch einen – gerade nach Trennung – zentralen Bestandteil der den Eltern gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG zugewiesenen Pflege und Erziehung dar. Diese genießen, wie dargelegt, solange ihr Konflikt nicht die Schwelle einer Kindeswohlgefährdung i.S.d. § 1666 überschreitet, Vorrang als Erziehungsträger. Dem Staat kommt keinerlei Recht zur Pflege und Erziehung des Kindes zu. Seine Aufgabe besteht allein im Ausgleich der elterlichen Rechtspositionen, der er dadurch gerecht wird, dass er einem Elternteil die Entscheidung in einzelnen Angelegenheiten (§ 1628) oder eine Teil- bzw. die Gesamtsorge (§ 1671 Abs. 1) allein zuweist. Legt er dagegen selbst den konkreten Aufenthalt des Kindes fest, so nimmt er neben den oder anstelle der Eltern die Pflege und Erziehung des Kindes wahr, eine Befugnis, die ihm wegen Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG weder nach § 1628 noch § 1671 zufallen kann.
Zusammenfassend folgt daraus, dass das Familiengericht den Eltern zwar periodisch alternierend das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu- oder auch einen auf Beendigung des Wechselmodells gerichteten Antrag zurückzuweisen vermag; es kann ihnen aber nicht aufgeben, wie sie vom Aufenthaltsbestimmungsrecht Gebrauch zu machen haben. Eine direkte Anordnung des Wechselmodells geht mit der gerichtlichen Entscheidung in beiden Fällen nicht einher, wenn auch die Autorität des Gerichts die Praktizierung dieses Sorgemodells begünstigen dürfte.