Das Recht auf Klärung der eigenen Abstammung – durch Vaterschaftsfeststellung oder isolierte Abstammungsklärung – fällt in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Danach ist ein Individuum grundsätzlich vor der Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene Abstammung geschützt. Schranken ergeben sich aus der verfassungsmäßigen Ordnung.

Der Gesetzgeber hat dem Kind gegenüber einem ihm rechtlich nicht als Vater zugeordneten Mann kein Verfahren zur isolierten Abstammungsklärung eröffnet. In dieser Konstellation besteht vielmehr nur die Möglichkeit eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens nach § 1600d BGB, welches die inzidente Klärung der leiblichen Abstammung vom mutmaßlich leiblichen Vater ermöglicht. Eine einmal rechtskräftig gewordene abweisende Gerichtsentscheidung in einem auf Vaterschaftsfeststellung gerichteten Verfahren versperrt daher jeden weiteren gerichtlichen Weg zur Klärung der Abstammung. Dies hat das BVerfG[48] in seinem Urteil vom 19.4.2016 nicht beanstandet, sondern mit den Grenzen des Rechts auf Kenntnis der Abstammung gerechtfertigt. Das BVerfG betont den weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Es ist in einem gewaltengeteilten Staat Aufgabe des Gesetzgebers, in einem Grundrechte-Spannungsfeld eine aus seiner Sicht "richtige" Lösung zu finden. Das Ergebnis der erforderlichen Abwägung war in dem zu entscheidenden Fall verfassungsrechtlich weder in die eine noch in die andere Richtung eindeutig vorgezeichnet.

Zivilgerichte sind daher weder zu einer verfassungskonformen noch analogen Anwendung des § 1598a BGB befugt oder gar verpflichtet, denn dies würde den gesetzgeberischen Willen unterlaufen. Daran ändert auch die mögliche Folge nichts, dass im Einzelfall die Abstammung auf ewig ungeklärt bleiben kann. Dies ist die hinzunehmende Folge der Tatsache, dass der Grundrechtsschutz für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zwar weit reicht, nicht jedoch absolut ist.

[48] BVerfG NJW 2016, 1939 (1945 Rn 74) m. Anm. Heiderhoff, NJW 2016, 1918 = JuS 2016, 988 ff. (Wellenhofer).

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