1. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung vom 11.1.2017 zur Berechnung des Kindesunterhalts (Wechselmodell) auch mit der Frage zu befassen, um welche Art von Anspruch es sich überhaupt handelt, wenn das Kind, vertreten durch einen Elternteil (§ 1628 BGB), gegen den anderen, den besser verdienenden Elternteil (Vater) klagt und sich mit seinem Antrag auf den durch die freiwilligen Leistungen der Eltern nicht gedeckten Spitzenbetrag beschränkt. Der Vater hatte argumentiert, die der Mutter für einzelne Zeitabschnitte angerechneten Leistungen hätten den von ihr zu tragenden Unterhaltsanteil überstiegen und zu negativen Beträgen geführt. Der Bundesgerichtshof hat dem in seiner Entscheidung entgegengehalten:
Zitat
"Der Anspruch wird … im vorliegenden Verfahren von den durch die Mutter vertretenen Kindern in zulässiger Weise als Unterhaltsanspruch geltend gemacht. Dass der Anspruch nicht auf den vollen und nicht durch eigene bezifferte Leistungen des Antragsgegners gedeckten Unterhalt, sondern nur auf die hälftige Differenz der von den Eltern nicht gedeckten Anteile gerichtet ist, stellt sich als Begrenzung des Anspruchs dar und erklärt sich aus der Annahme, dass jeder Elternteil neben den bezifferten Leistungen vor allem durch Naturalunterhalt auch die Hälfte des weiteren Bedarfs abdeckt. Der Anspruch dient dann vor allem noch dem Zweck, eine angemessene, an der jeweiligen Leistungsfähigkeit orientierte Beteiligung der Eltern am Kindesunterhalt zu erzielen, und richtet sich auf die durch die Leistungen des besser verdienenden Elternteils noch nicht gedeckte Unterhaltsspitze."
Hätte es sich um einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch gehandelt, wäre das Kind nicht aktivlegitimiert gewesen. Außerdem unterliegt der familienrechtliche Ausgleichsanspruch bestimmten weiteren Voraussetzungen, z.B. den Schranken des § 1613 Abs. 1 BGB.
2. Eine weitere BGH-Entscheidung vom 8.2.2017 ist ebenfalls von Interesse und vielleicht größerer Bedeutung für die Praxis. Nach bisheriger – und weiterhin geltender – Rechtsprechung steht einem Elternteil, der eine ihm durch rechtskräftige Entscheidung auferlegte Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem ehelichen Kind erfüllt, kein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch auf – teilweise – Erstattung seiner Unterhaltszahlungen gegenüber dem anderen Elternteil zu. Solange der Titel besteht, zahlt der Elternteil – wenn auch nur formell – auf eine eigene Unterhaltsschuld und kann daher keinen Ausgleich verlangen. Das ist für uns Rechtsanwälte eine haftungsträchtige Angelegenheit, da nach einem Obhutswechsel der Titel sofort im Wege des Abänderungsantrags angegriffen werden muss. Das wird in der Praxis sicher oft übersehen. Die genannten Grundsätze sind nach der neuen Entscheidung nicht auf den Fall übertragbar, dass die Unterhaltspflicht in einem gerichtlichen Vergleich (also erst recht in einem außergerichtlichen Vergleich) geregelt ist. Dieser sei nämlich, so der BGH, der formellen Rechtskraft nicht fähig.
Fazit
Beim Obhutswechsel sofortiger Abänderungsantrag nur bei gerichtlicher streitiger Entscheidung, nicht beim gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich.