Nach §§ 1601, 1606 Abs. 3 S. 1 BGB schulden beide Eltern als gleich nahe Verwandte ihrem Kind anteilig Unterhalt. Bei minderjährigen Kindern, deren Eltern getrennt leben und die sich in der Obhut[5] eines Elternteils befinden, sieht § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB eine Gleichwertigkeit des Unterhalts, der durch die Pflege und Erziehung des Kindes vom betreuenden Elternteil geleistet wird, mit dem Barunterhalt vor, der von dem anderen Elternteil aufzubringen ist. Dieses Modell[6] gerät dann in eine Schieflage, wenn der für die Barmittel zuständige Elternteil sich seiner Verantwortung entzieht und der Betreuende notgedrungen auch für die erforderlichen Barmittel aufkommt,[7] sei es vor, während oder nach einem Unterhaltsverfahren. Wird der Kindesunterhalt in der Folge samt Rückständen doch noch freiwillig oder nach Titulierung bezahlt oder kann er dann zumindest vollstreckt werden und kommt auf diese Weise (jedenfalls im Ergebnis) bei dem betreuenden Elternteil an, der das Geld temporär verauslagt hat, bedarf es keiner weiteren Ansprüche oder Verfahren.[8] Für den Fall, dass eine freiwillige Zahlung nicht erfolgt und die Durchsetzung des Kindesunterhalts prozessual oder tatsächlich[9] nicht möglich ist, hat der BGH[10] die Rechtsfigur des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs entwickelt, der der Durchsetzung einer verhältnismäßigen Aufteilung der Unterhaltslast zwischen den Eltern für die Vergangenheit dient. Durch ihn sollen die gerechte Verteilung der Unterhaltslast auf beide Eltern sichergestellt und grobe Unbilligkeiten vermieden werden.[11] Das Kriterium der Billigkeit ist an dieser Stelle schon hervorzuheben, da später noch darauf zurückzukommen sein wird.

[5] Dazu Palandt/Götz, [Fn 3], § 1629 Rn 25.
[6] Zur grundsätzlichen Problematik dieses Modells Schürmann, in: Scheiwe/Wersig, Einer zahlt und eine betreut, Schriften zum Familien- und Erbrecht, Band 1, 2010, S. 147 ff.
[7] Wird der Barbedarf des Kindes durch Sozialleistungen gedeckt, scheidet ein Ausgleichsanspruch insoweit aus, Wever, [Fn 2], Rn 921.
[8] Natürlich handelt es sich weiterhin um einen Anspruch des Kindes, der mit der Zahlung befriedigt wird. Der Beitrag soll aber nicht noch durch die genaue juristische Konstruktion dieses praktischen Ergebnisses verkompliziert werden, vgl. dazu auch unten VI. Vermeidung doppelter Inanspruchnahme.
[9] Beispiel dazu bei Wever, [Fn 2], Rn 913; zu Problemen im Vollstreckungsverfahren bei einem in Verfahrensstandschaft erwirkten Titel nach Wegfall dieser Zimmermann, FuR 2011, 440, 444 ff.
[10] BGH FamRZ 1960, 194; FamRZ 1968, 450; FamRZ 1988, 831; vgl. auch FamRZ 1994, 1102 m.w.N. und dazu Wever, FamRZ 2013, 741, 751.
[11] Ob daneben Ansprüche aus Auftrags- oder Bereicherungsrecht bestehen, wird uneinheitlich beantwortet; sofern dies bejaht wird, können diese Ansprüche nach überwiegender Ansicht allerdings auch nur unter den gleichen Voraussetzungen wie der familienrechtliche Ausgleichsanspruch geltend gemacht werden, vgl. Wever, [Fn 2], Rn 900.

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