Einführung
Eine Ehe wird geschieden, wenn sie gescheitert ist. Sie ist gescheitert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Leben die Ehepartner seit einem Jahr getrennt und beantragen sie einvernehmlich die Scheidung, wird das Scheitern vermutet.
In der Mehrzahl der Scheidungen ist der Ablauf des Trennungsjahres unproblematisch. Die Parteien erklären zu gegebener Zeit vor Gericht, dass sie seit mindestens einem Jahr getrennt leben und die eheliche Lebensgemeinschaft auch nicht mehr wiederherstellen wollen. Danach wird die Ehe geschieden.
Manchmal sind die Dinge aber nicht so einfach, weil die Parteien sich zwar im heftigsten Krach getrennt haben, sich aber im Laufe der Zeit nicht mehr völlig sicher sind, das Richtige getan zu haben. Dafür kann es die unterschiedlichsten Gründe geben. Gemeinsam ist aber allen, dass die Paare feststellen wollen, ob ihre Ehe wirklich gescheitert ist. Da die Ehe unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes steht, wollte der Gesetzgeber diese Möglichkeit ausdrücklich offenhalten und hat deswegen in § 1567 Abs. 2 BGB bestimmt, dass ein Versöhnungsversuch über eine kürzere Zeit nicht den Ablauf des Trennungsjahres unterbricht oder hemmt.
I. Was ist nun eine Versöhnung?
Eine Legaldefinition kennt das Gesetz nicht. Es bestimmt nur, dass der möglichst nicht allzu lang dauernde Versuch nicht den Ablauf des Trennungsjahres unterbricht. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass wenn die Parteien die Voraussetzungen für das Getrenntleben beenden, eine Versöhnung vorliegt. Versöhnung ist also im direkten Bezug zu den Voraussetzungen des Getrenntlebens zu sehen.
Gemäß § 1567 Abs. 1 BGB erfordert das Getrenntleben zum einen das Aufheben der häuslichen Gemeinschaft und zum anderen die Ablehnung der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Es gibt demzufolge ein objektives und ein subjektives Tatbestandsmerkmal.
Objektiv muss die häusliche Gemeinschaft aufgehoben sein, die Eheleute müssen räumlich voneinander getrennt leben und subjektiv den Willen haben, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr herzustellen. Dann spricht man von einem Getrenntleben. Leben die Parteien nach der erfolgten Trennung wieder zusammen und haben sie den Willen, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder fortzusetzen, dann haben sie sich versöhnt und die Wirkungen der Trennung entfallen vollständig. Kommt es später wieder zu einer Trennung, beginnt das Trennungsjahr aufs Neue. Bleibt es dagegen nur bei einem Versuch, dann ist die Versöhnung unschädlich, wenn sie nur eine kürzere Zeit angedauert hat.
Von der Versöhnung zu unterscheiden ist die Verzeihung. Verzeihen kann man ein Faktum wie die Trennung nicht, man kann nur ein Tun/Unterlassen des anderen verzeihen. Die Versöhnung hingegen ist der beiderseitige Entschluss, die eheliche Gemeinschaft fortzuführen. Damit kann eine bloße Verzeihung das Trennungsjahr nicht unterbrechen oder hemmen, wenn die Eheleute aufgrund der Verzeihung nicht gleichzeitig eine Versöhnung wollen.
Eine Versöhnung erfordert damit ein irgendwie geartetes Zusammenleben als Ausdruck der Wiederherstellung der häuslichen Gemeinschaft, wobei es unerheblich ist, wie lange die Versöhnung andauert. Eine häusliche Gemeinschaft liegt nicht vor, wenn man einen Urlaub zusammen verbringt oder sich eine Wohnung nur auf begrenzte Zeit teilt. Ebenso wenig begründen gelegentliche Besuche eine häusliche Gemeinschaft, auch wenn es dabei zu Geschlechtsverkehr kommt.
Das Zusammenleben muss also annähernd so beschaffen sein, wie es vor der Trennung gewesen ist. Es kommt im Einzelfall auf die Art der ehelichen Verhältnisse an. Dies ist unproblematisch, wenn vor der Trennung ein gemeinsamer Haushalt bestanden hat. Es muss nicht einer alle Brücken hinter sich abbrechen und in die Wohnung des anderen einziehen. Es genügt, wenn man zusammen in einer Wohnung lebt, ohne seine eigene aufzugeben, solange der Wille zur ehelichen Lebensgemeinschaft besteht.
Hatten die Eheleute vor der Trennung eine Wochenendehe geführt, weil die jeweiligen Arbeitsplätze zwei Wohnsitze erforderten, dann dürfte es für eine Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft ausreichen, wenn man die Wochenenden bzw. freien Tage gemeinsam in einer Wohnung verbringt.
Unabdingbar ist der Wille zur Versöhnung. Dass einer der Versöhnung etwas skeptischer gegenüber steht als der andere, schadet nicht, solange beide den ernstlichen Willen haben, es noch einmal miteinander zu versuchen.
Die Versöhnung muss auch nicht das einzige Motiv sein. Es kann ein ganzes Bündel von unterschiedlichen Motiven vorliegen. Solange darunter auch der Wille zur Versöhnung ist, genügt es.
Ist der Versuch der Versöhnung nicht erfolgreich, dann schadet er nicht, wenn er nur eine "kürzere Zeit" angedauert hat. Was eine kürzere Zeit ist, sagt das Gesetz jedoch nicht.
In der Rechtsprechung wird die Dauer unterschiedlich bewertet, abhängig auch von der Frage, ob die Ein-Jahres-Frist oder die Drei-Jahres-Frist zur Bewertung herangezogen werden muss.
Das OLG Düsseldorf hat einen Versuch über drei Monate als unschädli...