1. Eheschließung

a) Dem einem minderjährigen Verheirateten bestellten Vormund kommt wegen §§ 1800, 1633 BGB keine Entscheidungsbefugnis für den Aufenthalt des Mündels zu. Dies gilt auch hinsichtlich wirksam verheirateter minderjähriger Flüchtlinge, wenn nach dem Recht des Herkunftsstaates insoweit ebenfalls keine elterliche Sorge besteht (Art. 15, 16, 20 KSÜ). b) Eine in Syrien nach syrischem Eheschließungsrecht wirksam geschlossene Ehe einer zum Eheschließungszeitpunkt 14-Jährigen mit einem Volljährigen ist als wirksam anzuerkennen, wenn die Ehegatten der sunnitischen Glaubensrichtung angehören und die Ehe bereits vollzogen ist. c) Die Unterschreitung des Ehemündigkeitsalters des § 1303 BGB bei einer Eheschließung im Ausland führt selbst bei Unterstellung eines Verstoßes gegen den ordre public (Art. 6 EGBGB) nicht zur Nichtigkeit der Ehe, wenn nach dem für die Eheschließung gemäß Art. 11, 13 EGBGB anzuwendenden ausländischen Recht die Ehe bei Unterschreitung des dort geregelten Ehemündigkeitsalters nicht unwirksam, sondern nur anfechtbar oder aufhebbar wäre. (OLG Bamberg, Beschl. v. 12.5.2016 – 2 UF 58/16, FamRZ 2016, Heft 15 m. Anm. Mankowski; die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt, Az.: XII ZB 292/16)

2. Ehescheidung

(1) a) Die Frage, ob und wann Rechtshängigkeit eingetreten ist, richtet sich außerhalb einschlägiger europäischer Rechtsverordnungen (Art. 16 EuEheVO, Art. 30 EuGVVO, Art. 32 EuGVVO i.d.F. v. 10.1.2015, Art. 9 EuUntVO) nach der lex fori des jeweils angerufenen Gerichts. b) Der in Fällen mit Auslandsbezug anzustrebende internationale Entscheidungseinklang und der verfahrensrechtliche Grundsatz der Rechtsklarheit verbieten eine Korrektur dieses Ergebnisses aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit auch dann, wenn die Beachtung des ausländischen Verfahrensrechts dazu führt, dass ein in Deutschland vor dem entsprechenden Antrag im Ausland anhängig gemachter Scheidungsantrag wegen der von Amts wegen zu beachtenden entgegenstehenden Rechtshängigkeit des ausländischen Verfahrens (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO analog) unzulässig wird, weil die Zustellung im Ausland erst bewirkt werden kann, nachdem ein konkurrierender Scheidungsantrag bei dem ausländischen Gericht eingereicht wurde (im Anschluss an BGH v. 12.2.1992 – XII ZR 25/91, FamRZ 1992, 1058). c) Aus demselben Grund verbietet sich auch eine analoge Anwendung des Art. 16 EuEheVO oder entsprechender Vorschriften aus anderen EU-Verordnungen (Art. 30 EuGVVO, Art. 32 EuGVVO i.d.F. v. 10.1.2015, Art. 9 EuUntVO). Es ist Sache des Gesetzgebers, im Bereich des autonomen internationalen oder auch des inländischen Verfahrensrechts insoweit für eine Anpassung an europarechtliche Vorschriften zu sorgen. (KG, Beschl. v. 3.2.2016 – 3 UF 78/15, FamRZ 2016, 836 = FamRB 2016, 253 [Finger])

(2) Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist der Anwendungsbereich nach Art. 1 Rom III-VO auch für Fälle der Privatscheidung – hier: durch einseitige Erklärung eines Ehegatten vor einem geistlichen Gerichtshof in Syrien aufgrund der Scharia – eröffnet? 2. Falls die Frage 1 bejaht wird: Ist bei Anwendung der Rom III-VO deren Art. 10 in Fällen der Privatscheidung (1) abstrakt auf einen Vergleich abzustellen, wonach das gemäß Art. 8 Rom III-VO anzuwendende Recht einen Zugang zur Ehescheidung zwar auch dem anderen Ehegatten gewährt, diese aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit aber an andere verfahrensrechtliche und materielle Voraussetzungen knüpft wie an den Zugang des einen Ehegatten, oder (2) das Eingreifen der Norm davon abhängig, dass die Anwendung des abstrakt diskriminierenden ausländischen Rechts auch im Einzelfall – konkret – diskriminiert? 3. Falls die Frage 2 (2) bejaht wird: Ist ein Einvernehmen des diskriminierten Ehegatten mit der Ehescheidung – auch in der Form der gebilligten Entgegennahme von Ausgleichsleistungen – bereits ein Grund, die Norm nicht anzuwenden? (OLG München, Beschl. v. 29.6.2016 – 34 Wx 146/14)

3. Rückführung nach dem HKÜ

a) Zu den Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG, mit der die Vollziehung einer Rückführungsentscheidung nach dem HKÜ vorläufig ausgesetzt werden soll. b) Bei der zu treffenden Folgenabwägung ist der Zweck des HKÜ, das widerrechtlich in einen anderen Vertragsstaat verbrachte Kind möglichst schnell zurückzuführen, zu berücksichtigen. c) Das BVerfG sieht daher in Rückführungsfällen in der Regel von dem Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. (BVerfG, Beschl. v. 18.7.2016 – 1 BvQ 27/16)

4. Namensrecht

(1) Art. 21 AEUV ist dahin auszulegen, dass die Behörden eines Mitgliedstaats nicht verpflichtet sind, den Nachnamen eines Angehörigen dieses Mitgliedstaats anzuerkennen, wenn dieser auch die Angehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzt, in dem er diesen Namen erworben hat, den er frei gewählt hat und der mehrere nach dem Recht des erstgenannten Mitgliedstaats nicht zulässige Adelsbestandteile enthält, sofern, was zu überprüfen dem vorlegenden Ger...

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