Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendungsbereich des durch das Anhörungsrügengesetz eingeführten § 133a FGO. Gegenvorstellung
Leitsatz (redaktionell)
Die mit Wirkung ab 1.1.2005 eingeführte Abhilfemöglichkeit nach § 133a FGO betreffend unanfechtbare Entscheidungen des Gerichts ist auf die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs beschränkt und kann daher nicht in anderen Sachverhalten, z.B. materiell-rechtlich begründeten Fällen behaupteter „greifbarer Gesetzwidrigkeit”, zur Anwendung kommen (hier: wegen vermeintlicher Gesetzwidrigkeit der unanfechtbaren Kostenentscheidung des Finanzgerichts).
Normenkette
FGO §§ 133a, 69 Abs. 2-3, § 128 Abs. 4; GG Art. 3, 103 Abs. 1; VwGO § 152a
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller begehren die Aufhebung des Beschlusses des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 7. Februar 2005 7 V 55/04.
Mit Schreiben vom 26. November 2004 haben die Antragsteller gegen den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 25. November 2004 (Zahlungsfrist: 29.12.2004) Einspruch eingelegt und gleichzeitig Aussetzung der Vollziehung beantragt. Der Antragsgegner (Finanzamt – FA –) änderte mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 den angefochtenen Einkommensteuerbescheid. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 beantragten die Antragsteller beim FA erneut die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids.
Am 21. Dezember 2004 haben die Antragsteller beim Finanzgericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Mit Schreiben vom 18. Januar 2005 teilten sie dem Gericht mit, dass die Aussetzung der Vollziehung mit Datum vom 3. Dezember 2004 gewährt worden sei. Die entsprechende Verfügung des FA sei am 22. Dezember 2004 bei ihnen eingegangen. Die Antragsteller erklärten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragten, dem FA die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Das FA erklärte den Rechtsstreit ebenfalls in der Hauptsache für erledigt. Es beantragte, die Kosten den Antragstellern aufzuerlegen.
Daraufhin wurden durch Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 4. Februar 2005 7 V 55/04 die Kosten den Antragstellern auferlegt. Zur Begründung dieser nach § 138 Abs. 1 FGO getroffenen Ermessensentscheidung wurde unter Hinweis auf Gräber/Ruban, FGO, 5. Aufl., § 138 Anm. 27 m.w.N., ausgeführt, dass der Antrag der Antragsteller unzulässig gewesen sei.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2005 haben die Antragsteller hiergegen eine Gegenvorstellung erhoben. Sie tragen vor, dass der Beschluss des Finanzgerichts vom 4. Februar 2005 offenkundig gegen die gesetzlichen Kostentragungsregelungen der FGO verstoße und damit greifbar gesetzwidrig sei. Die Kosten seien vom FA durch die verzögerte Bekanntgabe der Aussetzung der Vollziehung verursacht worden. Da bis zum Ende der zum 29. Dezember 2004 gesetzten Zahlungsfrist am 10. Dezember 2004 nur noch 19 Tage verblieben seien, hätten sie als Steuerschuldner am 21. Dezember 2004 Klage (gemeint ist wohl der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung) erheben müssen, um die ihnen gesetzlich zustehenden Rechte innerhalb der vom FA gesetzten Fristen zu wahren. Der Rechtsstreit sei sofort nach Vorlage der Aussetzungsverfügung von ihnen in der Hauptsache für erledigt erklärt worden. Das Rechtsmittel wäre in der Hauptsache nicht erfolglos gewesen. Denn durch die nachträgliche Bekanntgabe der Aussetzungsverfügung habe das FA zu erkennen gegeben, dass sie auch im gerichtlichen Verfahren erfolgreich gewesen wären.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Antragsteller vom 14. Februar 2005 und die beigefügten Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unzulässig, da nicht statthaft.
Durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – Anhörungsrügengesetz – vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3220, hat der Gesetzgeber mit dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 133 a FGO für die Finanzgerichtsbarkeit eine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit geschaffen. Nach dieser Vorschrift ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn (1) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und (2) das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn die Antragsteller haben nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in einer für das Verfahren entscheidungserheblichen Weise verletzt worden sein könnte. Auch nach Aktenlage liegen keine Anhaltspunkte für eine derartige Rechtsverletzung vor.
Allerdings könnte in ausdehnender Anwendung des § 133 a FGO eine Abhilfemöglichkeit auch dann in Betracht zu ziehen sein, wenn ein der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vergleichbar klar überprüfbarer Verstoß gegen Verfahrens...