rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerpflicht der Provision für im Rahmen von Bestattungsvorsorgeverträgen vermittelte Sterbegeldversicherungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bietet ein Bestattungsunternehmen Vorsorgeverträge an, die bei Bedarf mit vom Unternehmer – nicht eigenständig – vermittelten Sterbegeldversicherungen kombiniert werden, so dass die Sterbegeldversicherungen lediglich dem Zweck dienen, die Inanspruchnahme der Hauptleistung der späteren Bestattung durch eine gesicherte Finanzierung zu optimalen Bedingungen zu ermöglichen, ist die für die damit als Nebenleistung anzusehende Vermittlung der Sterbegeldversicherung erhaltene Provision – das Schicksal der Hauptleistung teilend – umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 2 Abs. 1

 

Tenor

Unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20.6.2011 und Änderung des Bescheides vom 18.12.2007 wird die Umsatzsteuer 2006 auf ./. 8.463,44 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten jeweils zur Hälfte auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt seit dem 1.6.2004 ein Bestattungsinstitut. Nach seinem Geschäftsmodell bot er Bestattungsvorsorgeverträge an, bei denen die Kunden ihn beauftragten, nach ihrem Versterben die Bestattung durchzuführen. Die Bestattungsvorsorgeverträge wurden bei Bedarf mit einer Sterbegeldversicherung gekoppelt, die der Kläger vermittelte. Das Bezugsrecht der Versicherungsleistung lautete auf das Bestattungsinstitut des Klägers. Der Kläger erhielt von den Versicherern für die Vermittlung Provisionen, die er als steuerfreie Umsätze behandelte.

In den eingereichten Umsatzsteuererklärungen machte der Kläger folgende Angaben:

2004

2005

2006

Steuerpflichtige Umsätze 16 %

0,00

7.067,07

28.504,00

steuerpflichtige Umsätze 7 %

0,00

88,00

2.051,00

steuerfreie Umsätze

35.257,35

59.277,78

0,00

Vorsteuer

4.230,67

8.820,47

13.628,35

Der Beklagte stellte den vorstehend geschilderten Sachverhalt anlässlich einer bei dem Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung fest. Im Prüfungsbericht vom 15.11.2006, auf den Bezug genommen wird (Bl. 42 ff. der Gerichtsakte), vertrat der Prüfer die Auffassung, dass aufgrund der Erzielung von steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen eine Aufteilung der Vorsteuern bei den Eingangsleistungen für Kraftfahrzeug, Telefon und Werbung vorzunehmen sei. Da der Kläger hierzu weder Aufzeichnungen geführt noch im Laufe der Prüfung eine nachvollziehbare Zuordnung vorgenommen habe, sei der Aufteilungsmaßstab zu schätzen. Dem folgte der Beklagte in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2004 und 2005 vom 7.12.2006 und im erstmaligen Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 18.12.2007.

Auf die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche hin setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für die Streitjahre mit der Einspruchsentscheidung vom 20.6.2011 herab. Dabei hielt er nicht weiter an der von dem Prüfer vorgenommenen Aufteilung fest, sondern schätzte diese nach einem „auf dem jeweiligen, durchschnittlich erzielten Erlös der einzelnen Geschäftszweige beruhenden Kostenansatz”. Hinsichtlich der Einzelheiten und insbesondere hinsichtlich der Berechnung wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen (Bl. 5 ff. der Gerichtsakte).

Mit der Klage macht der Kläger geltend, dass er in der Anfangszeit keine Umsätze aus Bestattungen erzielt habe, weil er zunächst am Markt habe bekannt werden müssen. Er habe Werbemaßnahmen durchgeführt und unter anderem ein CallCenter eingerichtet. Insgesamt habe er etwa 800 Bestattungsvorsorgeverträge abgeschlossen, die allerdings noch nicht unmittelbar zu Umsätzen geführt hätten. Daher seien zunächst nur die Provisionen aus den Vermittlungen der Sterbegeldversicherungen angefallen. Im Jahr 2006 habe ein Mitbewerber ihn, den Kläger, gezwungen, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Danach sei es ihm untersagt gewesen, potenziellen Kunden unaufgefordert Bestattungsvorsorgeverträge anzubieten. Dies habe ihn dazu gezwungen, sein Geschäftsmodell umzustellen. Durch den inzwischen gestiegenen Bekanntheitsgrad und die bereits abgeschlossenen Bestattungsvorsorgeverträge sei es ihm gelungen, im Jahr 2006 die ersten Bestattungen durchführen zu können.

Die von dem Beklagten geforderte Aufteilung der vorsteuerbehafteten Aufwendungen auf die steuerfreien und die steuerpflichtigen Umsätze sei nicht möglich. Die Aufwendungen seien ausschließlich für die steuerpflichtigen Umsätze angefallen. Der Abschluss einer Sterbegeldversicherung habe keinen Aufwand mit sich gebracht. Es sei lediglich ein Formular auszufüllen und ein Eintrag in seiner, des Klägers, Datenbank vorzunehmen gewese...

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