rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mit Erkrankung begründeter Rücktritt von der Steuerberaterprüfung nach Ablauf von mehr als einem Jahr seit Ende der letzten schriftlichen Klausur unzulässig
Leitsatz (redaktionell)
1. Beantragt der Prüfling nachträglich, wegen einer Erkrankung so gestellt zu werden, als ob er an der schriftlichen Steuerberaterprüfung nicht teilgenommen hätte, so ist hierüber unter entsprechender Anwendung von § 30 DVStB zu entscheiden.
2. Für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens im Zusammenhang mit der Steuerberaterprüfung und damit auch für die Geltendmachung des mangelnden Verschuldens an der Einhaltung der Rücktrittsfrist nach § 21 DVStB gilt allgemein die AO; sucht der Prüfling ca. einen Monat nach der Ablegung der schriftlichen Steuerberatung einen Arzt wegen einer Erkrankung auf, macht er aber erst mehr als ein Jahr nach Beendigung des schriftlichen Teils der Steuerberaterprüfung gegenüber der Prüfungsbehörde wegen der diagnostizierten Erkrankung nachträglich Prüfungsunfähigkeit geltend, so ist die Gewährung einer Wiedereinsetzung in die Frist zum Rücktritt von der Steuerberaterprüfung (§ 21 Abs. 1 S. 1 DVStB) nach § 110 Abs. 3 AO ausgeschlossen.
Normenkette
DVStB §§ 30, 21 Abs. 1 S. 1; StBerG § 37; AO § 110 Abs. 1, 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin, die bereits 2003 und 2004 erfolglos die Steuerberaterprüfung abzulegen versucht hatte, bestand auch beim dritten Versuch 2005 die Steuerberaterprüfung nicht, da die von ihr vom 11. bis 13. Oktober 2005 angefertigten schriftlichen Arbeiten mit einer Gesamtnote von 4,83 bewertet worden waren. Das wegen der von ihr hiergegen angestrengten Klage anhängige Streitverfahren mit dem Az. 1 K 132/06 erklärte sie nach Einsicht in die Klausuren und Lösungsskizzen unter dem 21. April 2006 – ebenso wie der Beklagte – in der Hauptsache für erledigt; die Kosten des Verfahrens wurden wegen der verkappten Klagerücknahme ihr auferlegt.
Unter dem 24. Mai 2007 machte sie gegenüber dem Beklagten geltend, sie sei bei Ablegung der schriftlichen Steuerberaterprüfung unerkannt prüfungsunfähig gewesen, und beantragte die Aufhebung der Prüfungsentscheidung. Zur Begründung ihres Antrages legte sie zwei Atteste von Prof. Dr. B. vom Universitätsklinikum B. vom 16. Mai 2007 und 30. August 2007 vor. In dem Attest vom 16. Mai 2007 wird ausgeführt, dass bei ihr am 17. November 2005 die aktive Phase einer Hashimoto-Thyreoiditis mit Grenzwert-Hyperthyreose festgestellt worden sei und aufgrund der hyperthyreoten Symptomatik anzunehmen sei, dass sie seinerzeit prüfungsunfähig gewesen sei. In dem Attest vom 30. August 2007 wird ausgeführt, dass der genaue Beginn einer aktiven Phase dieser Krankheit nicht festzulegen sei; häufig führten entsprechende Veränderungen aufgrund subjektiv nicht immer ausgeprägter Symptome erst nach einem Jahr oder nach zwei Jahren zum Arztbesuch. Eine von der Patientin nicht wahrzunehmende Prüfungsunfähigkeit könne auch schon im Oktober 2004 bestanden haben. Da zu diesem Zeitpunkt keine Schilddrüsenhormonwerte bestimmt worden seien, sei natürlich eine sichere Aussage nicht möglich.
Der Beklagte legte den Antrag dahingehend aus, dass er darauf abziele, die Steuerberaterprüfung 2005 als nicht abgelegt zu werten, und lehnte ihn ab. Zur Begründung legte er dar, dass eine Prüfung als nicht abgelegt gelte, wenn der Bewerber rechtzeitig von der Prüfung zurücktrete; nach § 21 DVStB hätten die Bewerber bis zum Ende der Bearbeitungszeit der letzten Aufsichtsarbeit die Möglichkeit des Rücktritts. Diese Rücktrittsfrist habe für die Steuerberaterprüfung 2005 und die Klägerin am 13. Oktober 2005 geendet. Diese Frist habe sie versäumt. Für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens im Zusammenhang mit der Steuerberaterprüfung gelte die Abgabenordnung und damit die Vorschrift des § 110 AO. Gemäß § 110 Abs. 3 AO könne nach einem Jahr seit dem Ende einer versäumten Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen sei. Höhere Gewalt sei gegeben, wenn die Verhinderung auf Ereignissen beruhe, die auch durch äußerste billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht vorausgesehen und verhindert werden könnten. Da am 17. November 2005 von einem Arzt die Erkrankung der Klägerin festgestellt worden sei, ohne dass diese daraus eine Konsequenz gezogen habe, sei die Unmöglichkeit der Nachholung der versäumten Handlung vor Ablauf der Jahresfrist im Streitfall nicht zu erkennen. Aus diesem Grunde könne die Frage, ob überhaupt eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit vorgelegen habe, dahingestellt bleiben. Vorsorglich merkte der Beklagte an, dass er es nach den vorgelegten ärztlichen Attesten nicht für belegt halte, dass die Klägerin an den Prüfungstagen prüfungsunfähig gewesen sei, da lediglich aufgrund der allgemein bekannten Symptome der Erkrankung nachträg...