rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung der Erledigungsgebühr im Finanzgerichtsverfahren nach Nr. 1003 VV-RVG mit 1,0. Auslegung von Nr. 1002 VV-RVG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Erledigungsgebühr im erstinstanzlichen finanzgerichtlichen Verfahren ist nach Nr. 1002 i. V. m. 1003 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV-RVG) mit dem Faktor 1,0 zu bemessen. Eine entsprechenden Anwendung der Nr. 1004 VV-RVG, die für Berufungsverfahren und Revisionsverfahren eine 1,3 Erledigungsgebühr vorsieht, kommt nicht in Betracht (Anschluss an diverse FG-Beschlüsse, z. B. FG Münster v. 7.6.2010, 9 KO 647/10 KFB; FG Hamburg v. 14.2.2011, 3 KO 197/10; FG Düsseldorf v. 2.1.2012, 10 KO 2007/11 KF).
2. Die zu § 24 BRAGO entwickelten Grundsätze sind auch für die Auslegung der Nr. 1002 VV-RVG heranzuziehen. Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV-RVG ist ein Ersatz für die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV-RVG, die im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht in Betracht kommt.
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2 S. 1; VV-RVG Nrn. 1002-1004; RVG Anl. 1 Nrn. 1002-1004
Tenor
Auf die Erinnerung vom 13. März 2012 werden die an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 1316,03 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei und unanfechtbar.
Tatbestand
I.
Im Verfahren 2 K 1572/09 hat das Gericht mit Beschluss vom 16. Dezember 2011 die Kosten des Rechtsstreits dem Erinnerungsgegner auferlegt.
Der Erinnerungsführer hat mit Schriftsatz vom 2. Januar 2012 (Bl. 49) unter Ansatz einer 1,5 fachen Erledigungsgebühr i. H. von 562,50 EUR die Festsetzung von Kosten für das finanzgerichtliche Verfahren i. H. von insgesamt 1.541,05 EUR beantragt.
Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. März 2012 (Bl. 53) setzt der Kostenbeamte des Finanzgerichts die erstattungsfähigen Kosten auf insgesamt 1.306,03 EUR fest. Dabei berücksichtigte er die geltend gemachte Erledigungsgebühr nur mit 365 EUR, nach der Begründung mit dem 1,0 fachen Satz (Bl. 54).
Gegen diesen Beschluss hat der Erinnerungsführer mit Schriftsatz vom 21. Februar 2011 Erinnerung eingelegt (Bl. 72). Er weist darauf hin, dass der einfache Wert einer Erledigungsgebühr bei dem Streitwert von 6.453 EUR 375 EUR statt nur 365 EUR betrage. Darüber hinaus sei die Erledigungsgebühr mit dem 1,5 fachen, zumindest aber mit dem 1,3 fachen anzusetzen.
Er beantragt (Bl. 58),
den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. März 2012 dahingehend abzuändern, dass eine Erledigungsgebühr i. H. von 562,50 EUR berücksichtigt wird.
Der Erinnerungsgegner beantragt sinngemäß (Bl. 81),
die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Erledigungsgebühr betrage 375 EUR, da über den Einigungsgegenstand noch ein anderes gerichtliches Verfahren anhängig gewesen sei.
Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Erinnerung hat nur hinsichtlich eines Betrages von 10 EUR Erfolg. Denn dem Kostenbeamten ist bei der Gebührenfestsetzung ein Schreibfehler unterlaufen, der zum Ansatz einer um 10 EUR zu niedrigen Erledigungsgebühr geführt hat.
Im Übrigen ist die Erinnerung unbegründet.
1. Eine Erledigungsgebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. mit Nr. 1002 VV). § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. mit Nr. 1002 VV entspricht im Wesentlichen der Regelung des bis zum 30. Juni 2004 geltenden § 24 BRAGO. Die zu § 24 BRAGO entwickelten Grundsätze sind daher auch für die Auslegung der Nr. 1002 VV heranzuziehen (so auch FG Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juni 2010 2 KO 4/10, EFG 2010, 1447). Ebenso wie früher § 24 BRAGO einen Ersatz für die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO darstellte, ist die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG ein Ersatz für die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG, die im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 139 Rz. 76). Einigungsgebühr, Aussöhnungsgebühr und Erledigungsgebühr werden nicht bereits durch die allgemeine Prozessführung verdient. Vielmehr wird die allgemeine Prozessführung, nämlich „das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information” (Definition in Vorbemerkung 3 Abs. 2 vor Teil 3 VV RVG) bereits durch die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG abgegolten.
Dementsprechend sieht die Anlage 1 RVG unter Nr. 1000 bis 1002 VV RVG für die unterschiedlichen Gerichtszweige einen Gebührensatz von 1,5 vor. In Nr. 1003 VV RVG wird dieser Satz auf das 1,0 fache eingeschränkt, wenn ein anderes gerichtliches Verfahren als ein Beweissicherungsverfahren anhängig ist, sofern dieses andere gerichtliche Verfahren nicht ein Berufungs- oder Revisionsverfahren ist (Nr. 1004 VV RVG).
2. Vorliegend bemisst sich die Gebühr nach Nr. 1003 VV RVG. Durch die Ausnahme des selbständigen Beweisverfahrens...