rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG i. d. F. des JStG 2007 – Abfärbewirkung gewerblicher Beteiligungseinkünfte
Leitsatz (redaktionell)
- An der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG i. d. F. des JStG 2007 betr. die Abfärbewirkung gewerblicher Beteiligungseinkünfte bestehen keine ernstlichen Zweifel.
- In den Jahren 2000 und 2001 mussten die Stpfl. ihre Dispositionen an der von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis einmütig beachteten sog. Abfärbetheorie ausrichten.
- Das Urteil des BFH vom 6. Oktober 2004 (IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl II 2005, 383) ist daher nicht geeignet, für diese Jahre eine zu beachtende Vertrauensposition zu belegen.
Normenkette
EStG 1997 § 15 Abs. 3 Nr. 1; EStG i.d.F. des JStG 2007 § 15 Abs. 3 Nr. 1; EStG § 52 Abs. 32a; GewStG § 7; GG Art. 20 Abs. 3
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Die Antragstellerin ist eine Kommanditgesellschaft, deren Gesellschaftszweck das Halten von Beteiligungen ist. Unter anderem ist sie als Kommanditistin an den gewerblich tätigen Gesellschaften A1 GmbH & CO. KG und A 2 GmbH & CO. KG beteiligt, aus denen sie gewerbliche Einkünfte erzielt.
An der Antragstellerin sind Herr F. T. als persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) und die B-GmbH sowie Herr E.-F. T. als beschränkt haftende Gesellschafter (Kommanditisten) beteiligt. Ferner ist die ABC B.V. mit dem Sitz in den Niederlanden als Treuhand-Kommanditistin an der Antragstellerin beteiligt.
Bezüglich des Gewerbesteuermessbetrages 2000 erging in 2002 in Anlehnung an den zugehörigen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zunächst ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Schätzungsbescheid; danach wurde der Gewerbesteuermessbetrag mit 0,- EUR festgesetzt. In Anpassung an in der Folgezeit geänderte Feststellungsbescheide erließ der Antragsgegner zuletzt unter dem 4. September 2006 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2000. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde mit 4,60 EUR festgesetzt.
Ebenso wurde der Gewerbesteuermessbetrag für 2001 zunächst geschätzt und zuletzt unter dem 4. September 2006 in Auswertung des letzten Feststellungsbescheides für das Streitjahr 2001 mit 2.617,81 EUR festgesetzt.
Gegen die Bescheide vom 4. September 2006 legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. September 2006 Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide.
Zur Begründung machte sie geltend, sie sei eine Kommanditgesellschaft, die ausschließlich eigenes Vermögen verwalte und somit nicht gewerblich tätig sei. Demzufolge unterstehe das erwirtschaftete Eigenergebnis nicht der Gewerbesteuer, so dass ein Gewerbesteuer-Messbetrag nicht zu ermitteln sei.
Entsprechend der BFH-Entscheidung vom 6. Oktober 2004 (IX R 53/01) komme die sog. „Abfärbetheorie” vorliegend nicht zum Tragen, da die Antragstellerin eine rein vermögensverwaltend tätige Obergesellschaft sei. Somit trete die Folge, dass die gesamten Einkünfte der Antragstellerin der Gewerbesteuer unterfielen, nicht ein.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 lehnte der Antragsgegner den AdV-Antrag ab. Eine Entscheidung über die Einsprüche steht noch aus.
Am 11. April 2007 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
Zur Begründung macht sie geltend, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sei ernstlich zweifelhaft.
Mit Urteil IV R 53/01 vom 6. Oktober 2004, Bundessteuerblatt BStBl II 2005, 383 habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Abfärbung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz EStG a.F. nicht eintrete, wenn eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt sei. Die Grundsätze dieser Entscheidung könnten – wie vorliegend – auch auf Gesellschaften mit reinen Beteiligungseinkünften übertragen werden. Die Finanzverwaltung habe die zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofes – BFH mit einem Nichtanwendungserlass belegt.
Lege man vorliegend die Rechtsprechung des BFH zugrunde, führten die Einkünfte aus ihren Beteiligungen nicht zu einer Umqualifizierung von einer vermögensverwaltenden in eine gewerbliche Gesellschaft. Dies ergebe sich schon aus dem Gesetzeswortlaut, denn § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. verweise lediglich auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und nicht etwa auch auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Nach der Neufassung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 2007 sollte – rechtsprechungsbrechend – eine Abfärbung bei Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft eintreten. Nach § 52 Abs. 32a EStG sei die Neuregelung auch für Veranlagungszeiträume vor 2005 anzuwenden. Als Begründung führe der Gesetzgeber an, dass auf diesem Wege komplizierte Übergangsregelungen vermieden werden könnten. A...