Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für seinen am 2.Mai 1977 geborenen und in der Berufsausbildung zum Elektroinstallateur befindlichen Sohn A auch für die Zeit vom Januar bis April 1996 Anspruch auf Kindergeld hat.
Nachdem der Beklagte die Bewilligung von Kindergeld an den Kläger mit Bescheid vom 6.September 1994 wegen der Höhe der Einkünfte des Sohnes aufgehoben hatte, beantragte der Kläger am 25.November 1996 erneut Kindergeld, das der Beklagte mit Bescheid vom 5.Dezember 1996 unter Bezugnahme auf § 66 Abs.3 Einkommensteuergesetz -EStG- rückwirkend ab Mai 1996 gewährte. Den Einspruch des Klägers, mit dem er rückwirkend ab 1.Januar 1996 Kindergeld begehrte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30.Januar 1997 unter Hinweis auf die abschließende Regelung des § 66 Abs.3 EStG, die als materielle Ausschlußfrist lediglich eine rückwirkende Bewilligung von sechs Monaten zulasse, als unbegründet zurück.
Mit der daraufhin erhobenen Klage macht der Kläger geltend, die Frist des § 66 Abs.3 EStG könne nicht rechtens sein, wenn dem Steuerpflichtigen zugestanden werde, in einer „Schattenveranlagung” prüfen zu lassen, ob für ihn Kinderfreibetrag oder Kindergeld günstiger sei, dabei aber davon ausgegangen werde, daß das Kindergeld in korrekter Höhe ausgezahlt werde. Darüberhinaus könne es nicht rechtens sein, daß die Kindergeldgewährung unter anderem von den Einkünften des Kindes abhänge, für das Kindergeld beantragt werde.
Im übrigen treffe ihn kein Verschulden am Versäumnis der Antragsfrist. Er habe das Merkblatt der Familienkasse über Kindergeld nicht erhalten und auch aus den Medien angesichts der hektischen Gesetzgebung zum Jahressteuergesetz 1996 nicht nachvollziehen können, unter welchen Voraussetzungen insbesondere im Hinblick auf die maßgebliche Einkommensgrenze ein Kindergeldanspruch gegeben sei. Infolgedessen sei nicht zu erkennen gewesen, daß der bereits entfallene Kindergeldanspruch wieder habe aufleben können. Im Hinblick darauf hätte der Beklagte zumindest diejenigen, die -wie der Kläger- erst kurzfristig ausgesteuert worden seien, auf die neue Möglichkeit hinweisen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm für seinen Sohn A unter Änderung des Kindergeldbescheids vom 5. Dezember 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.Januar 1997 Kindergeld ab 1.Januar 1996 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Begründung seiner Einspruchsentscheidung,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Nach § 66 Abs.3 EStG wird Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. In Anwendung dieser Vorschrift konnte im Streitfall -entsprechend der angefochtenen Entscheidung- aufgrund des im November 1996 eingegangenen Antrags nur für den Zeitraum von Mai bis Oktober 1996 Kindergeld gewährt werden.
Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Kindergeld über die zeitlichen Grenzen des § 66 Abs.3 EStG hinaus fehlen die rechtlichen Voraussetzungen.
Zunächst ist die Vorschrift schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut („wird Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt,…”) ebenso wie die vor ihrem Inkrafttreten gültige entsprechende Vorschrift in § 9 Abs.2 Bundeskindergeldgesetz -BKGG- aF eine materielle Ausschlußfrist mit der Folge, daß eine Wiedereinsetzung nach Maßgabe des § 110 Abgabenordnung -AO- nicht gewährt werden kann (Heuermann in Blümich, Kommentar zum EStG, § 66 Rz.35; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG und KStG, § 66 EStG, Rz.18; Weber- Grellet in Schmidt, Kommentar zum EStG, § 66 Rz.8; ebenso zu § 9 BKGG Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 22.November 1995, 8b Rkg 3/79, BSGE 49, 154; aA FG Düsseldorf, Urteil vom 27.November 1997, 15 K 3969/97 Kg, nv.: Wortlaut läßt auch Auslegung als Verfahrensvorschrift zu, für die Wiedereinsetzung möglich ist).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den materiellen Ausschluß des Kindergeldanspruchs durch § 66 Abs.3 EStG bestehen nicht. Soweit Bedenken gegen die Antragsabhängigkeit wie auch gegen die Ausschlußfrist deshalb geäußert werden, weil das Kindergeld dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Gewährleistung des Existenzminimums dient (Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG und KStG, § 66 EStG, Rz.4), sind sie zwar im Rahmen der rechtspolitischen Diskussion über die Rechtfertigung und Angemessenheit der FristbesAmung beachtlich, führen aber nicht zur Feststellung einer Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Denn ebenso wie der Gesetzgeber der Durchsetzung materieller -ggfs. auch verfassungsrechtlich begründeter- Ansprüche in verfassungskonforme...