rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewöhnlicher Wohnsitz i. S. d. Zollbefreiungsverordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verkehrsmittelrichtlinie (83/182/EWG) kann nicht zur Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes i. S. d. Zollbefreiungsverordnung (83/918/EWG) herangezogen werden.

Gewöhnlicher Wohnsitz i. S. d. Zollbefreiungsverordnung ist der Ort, den der Betroffene als ständigen und gewöhnlichen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in der Absicht gewählt hat, ihm Dauerhaftigkeit zu verleihen (vgl. Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 07.02.2000, Az. 7 K 10/99).

Ein auf ein Jahr befristeter Au-pair-Aufenthalt bei einer Gastfamilie im Ausland führt nicht zur Begründung eines gewöhnlichen Wohnsitzes.

 

Normenkette

EWGV 918/83 Art. 2-10; RL (EWG) 182/83 Art. 7 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Einfuhrabgabenbescheid wegen des Verbringens eines Laptops in das Zollgebiet der Gemeinschaft.

Der Kläger nahm vom 16.10.2006 an einem für ein Jahr befristeten Au-pair-Aufenthalt in ... A teil, um mit den dort erlangten Sprachkenntnissen seine Berufschancen zu verbessern. Neben dem Aufenthalt in der Gastfamilie besuchte er ca. 10 Stunden pro Woche eine Schule oder ein College. Mitte November 2006 erwarb er einen Laptop der Marke "B" mit der Bezeichnung "...".

Nach Ende seines Aufenthalts landete er am 09.10.2007 am Hamburger Flughafen. Dort benutzte er im Ankunftsterminal den grünen Ausgang für "anmeldefreie Waren". Bei der Kontrolle des mitgeführten Reisegepäcks fanden Beamte des Zollamtes Hamburg-1 den Laptop und erließen vor Ort einen Einfuhrabgabenbescheid. Unter Berücksichtigung eines Zollwertes des Laptops von 680 Euro setzten sie eine Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 129,20 Euro sowie einen Zuschlag gemäß § 32 Zollverwaltungsgesetz in gleicher Höhe fest. Den zu zahlenden Betrag von 258,40 Euro entrichtete der Kläger sofort.

Mit dem Verweis, dass es sich bei dem Computer um Übersiedlungsgut handele, legte der Kläger im Oktober 2007 Einspruch ein.

Diesem half der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10. März 2008 hinsichtlich eines Betrages von 64,60 Euro ab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Bei dem Computer handele es sich nicht um Übersiedlungsgut, da der Kläger keinen gewöhnlichen Wohnsitz in ... A begründet habe. Im Rahmen der Abgabenfestsetzung habe aufgrund fehlender Kaufbelege der Wert des Laptops nach Artikel 31 Zollkodex anhand vergleichbarer Geräte im Internet ermittelt werden müssen. Als Wert seien daraufhin 680 Euro zugrunde gelegt worden. Nach Würdigung des Sachverhalts sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner Einreise vorsätzlich gehandelt habe, weshalb der festgesetzte Zuschlag auf die Hälfte des bisherigen Betrages zu reduzieren gewesen sei.

Mit bei Gericht am 09. April 2008 eingegangener Klageschrift verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Abgabenbescheid sei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unzutreffend. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH vom 12.07.2001, RS. C-262/99 zur Wohnsitzbestimmung nach der Verkehrsmittelrichtlinie sei der Kläger in ... A übergesiedelt, habe dort seinen gewöhnlichen Wohnsitz begründet und sei danach ins Bundesgebiet zurückgesiedelt. Der Beklagte habe überdies versäumt, die fast einjährige Nutzungsdauer des Computers abgabenmindernd zu berücksichtigten.

Der Kläger beantragt,

den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten vom 09.10.2007 (XXXX) und die Einspruchsentscheidung vom 10.03.2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die vom Kläger zitierte EuGH-Rechtsprechung könne vorliegend nicht herangezogen werden. Der Kläger habe nie seinen gewöhnlichen Wohnsitz in ... A verlegt, da er zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt habe, sich dort dauerhaft aufzuhalten. Die Nutzungsdauer des Computers sei abgabenmindernd berücksichtigt worden. Ein vergleichbarer Laptop habe im Mai 2007 im B-Home & Home-Office-Store 1.201,99 US $, umgerechnet ca. 885 Euro, gekostet. Ein Wert von 680 Euro im Zeitpunkt der Einreise sei deshalb angemessen gewesen. Die Ermittlung habe über solch zweckmäßige Methoden erfolgen müssen, da der Kläger keine Rechnungsbelege vorgelegt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Sachakten des Beklagten Bezug genommen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der angegriffene Einfuhrabgabenbescheid ist rechtmäßig.

Er beruht auf Artikel 202 Abs. 1 a Zollkodex i. V. m. § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz. Danach entsteht eine Einfuhrzollschuld - sowie die Einfuhrumsatz-steuer -, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.

Bei dem aus ... A mitgebrachten Laptop handelt es sich um eine einfuhrabgabenpflichtige Ware. Eine Befreiung von der Einfuhrabgabenpflicht nach Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche Syste...

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