Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuerbescheid zu Lasten der Insolvenzmasse
Leitsatz (amtlich)
Ein Insolvenzverwalter / Treuhänder ist nicht verpflichtet, dem Finanzamt den Eigentümer eines Kfz zu nennen. Die Mitteilung, dass das Fahrzeug nicht im Eigentum der Insolvenzschuldnerin steht, reicht regelmäßig aus.
Normenkette
KraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1; InsO §§ 35, 55, 304
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen zu Lasten der Insolvenzmasse erlassenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid.
Die Klägerin ist Treuhänderin über das Vermögen der A, über das mit Beschluss vom 13.10.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Seit dem Juli 2009 ist auf die Insolvenzschuldnerin ein VW-Golf mit dem amtlichen Kennzeichen HH XX zugelassen. Dem folgend hatte der Beklagte gegenüber der Schuldnerin Kraftfahrzeugsteuer von jährlich 94 € festgesetzt. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzte der Beklagte gegenüber der Schuldnerin die Kraftfahrzeugsteuer bis zum 12.10.2011 auf 19 € herab und setzte mit Bescheid vom 22.11.2011 gegenüber der Klägerin als Treuhänderin für die Zeit vom 13.10.2011 bis 28.07.2012 die Kraftfahrzeugsteuer auf 74 € und ab 29.07.2012 auf jährlich 94 € fest.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 12.12.2011 Einspruch ein und führte zur Begründung aus, dass das Fahrzeug zugunsten der Schuldnerin aus der Insolvenzmasse freigegeben worden sei, weil es nicht im Eigentum der Schuldnerin stehe und somit nicht zur Insolvenzmasse gehöre. Die Kfz-Steuer sei auch nicht deshalb als Masseverbindlichkeit zu beurteilen, weil die Schuldnerin Halterin des Fahrzeuges sei. Die Rechtsposition des Haltens sei nach geänderter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kein Vermögen im Sinne von § 35 der Insolvenzordnung (InsO). Sie fügte dem Schreiben eine Kopie des Fahrzeugbriefs bei, nach dem das Fahrzeug 2001 auf B zugelassen worden war.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 24.07.2012 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe nicht den Nachweis erbracht, dass das Fahrzeug nicht im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehe. Die Behauptung, dass das Kfz nicht zur Insolvenzmasse gehöre, reiche nicht aus, die Angaben aus dem Zentralen Fahrzeugregister sowie die Unterlagen der Zulassungsbehörde zu widerlegen.
Am 24.08.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Mitteilung, dass das Fahrzeug nicht zur Insolvenzmasse gehöre und zugunsten der Schuldnerin freigegeben worden sei, ausreichend sei. Der Beklagte habe kein Überprüfungs- oder Kontrollrecht, ob die Freigabe zu Recht erfolgt sei. Der angefochtene Bescheid sei aufzuheben, da Steuern für Gegenstände, die nicht zur Insolvenzmasse gehörten, nicht gegen die Insolvenzmasse festgesetzt werden dürften. Sie, die Klägerin, sei auch auf Grund ihrer Mitwirkungspflichten nicht verpflichtet, Nachweise über die Ergebnisse ihrer Ermittlungen zu Fragen der Massezugehörigkeit dem Beklagten vorzulegen.
Die Klägerin beantragt,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 22.11.2011 und die Einspruchsentscheidung vom 24.07.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an der Rechtmäßigkeit des Kraftfahrzeugsteuerbescheids fest. Der Beklagte habe nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 08.09.2011, II R 54/10) zu prüfen, ob das Fahrzeug überhaupt zur Insolvenzmasse gehört habe und ob hinsichtlich des Fahrzeugs eine echte Freigabe erfolgt sei. Die dazu erforderlichen Tatsachen seien unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen zu ermitteln. Dem entsprechend sei die Klägerin um Ergänzung ihres Vortrags gebeten worden. Diese Mitwirkungspflichten habe die Klägerin mit dem Verweis auf Einsichtnahme in die Insolvenzakte beim Amtsgericht Hamburg nicht erfüllt. Auch die Vorlage einer Kopie des Kfz-Briefes des vorherigen Fahrzeughalters könne zur Aufklärung des Sachverhalts nicht beitragen.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 22.11.2012 jeweils ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gegeben.
Dem Gericht hat die Akte des Beklagten zu der Steuernummer HH-XX vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Gericht konnte nach § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben hierzu ihre Zustimmung erteilt.
II.
Die zulässige Klage hat Erfolg. Der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Unrecht gegenüber der Klägerin zu Lasten der Insolvenzmasse Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) unterliegt das Halten von Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen der Kraftfahrzeugsteuer. Steuerschuldner ist bei einem inländischen Fahrzeug die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassenen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG). Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (...