Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung von Vermächtnissen führt zu Anschaffungskosten für ein ererbtes Grundstück. Einkommensteuer 1981

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erfüllung von Vermächtnissen in Höhe des Verkehrswerts des ererbten Grundstücks bei Testamentserstellung führt beim Gesamtrechtsnachfolger nicht zu Anschaffungskosten des Grundstücks, da es an einem Anschaffungsgeschäft fehlt.

 

Normenkette

HGB § 255; EStG 1981 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, S. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Beamter bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, die Klägerin Hausfrau. Der Kläger war schon vor dem Streitjahr (1981) zu 1/4 Bruchteilseigentümer eines in der … in Hamburg … belegenen Hauses. Die restlichen 2/4 des Hauses waren Bruchteilseigentum von Frau … setzte den Kläger am 10.8.1981 testamentarisch zum Alleinerben ein. Zum Nachlaß gehörten neben dem oben genannten Eigentumsanteil einige aus dem Familienbesitz ihres Mannes stammende persönliche Gegenstände, wie versilberte Leuchter, Kaminuhr und einige Ringe im Gesamtwert von rd 3 000 DM. Außerdem waren vorhanden: persönlicher Hausrat, Tagebücher Briefe, Bücher und Fotos der Erblasserin einer ehemals bedeutenden Künstlerin, ferner: 1 Spar- und Girokonto bei der … und Wertpapiere. Den Wert des Aktivvermögens gab die Erblasserin bei Testamentserrichtung mit … DM an. Das Haus in der … hatte im November 1981 einen Verkehrswert von … DM, der sich zu 50,7% auf das Gebäude und zu 49,3% auf Grund und Boden verteilte. Die Erblasserin ordnete vier Vermächtnisse an:

1) Dem Deutschen Komitee der Unicef vermachte sie ihr Giro- und Sparkonto bei der … sowie die dort befindlichen Wertpapiere nach Abzug aller Nachlaßverbindlichkeiten nebst der Kosten ihrer Beerdigung.

2) Der Kläger sollte aus seinem ererbten Grundstücksanteil einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 210 000 DM brutto innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall an das Deutsche Komitee der Unicef überweisen. Bei Testamentserrichtung gingen der Kläger und die Erblasserin davon aus, daß 210 000 DM der Wert des vererbten Grundstücksanteiles sei.

3) Ihrem Neffen vermachte die Erblasserin ihren gesamten Schmuck sowie zwei Silberleuchter und eine Kaminuhr.

4) Ein Gemälde war für die Hamburgische Kunsthalle bestimmt.

Die Erblasserin verstarb am 22.11.1981. Der Kläger trat das Erbe an.

In ihrer Einkommensteuererklärung 1981 machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung u. a. auch anteilige AfA (für Dezember) auf 210 000 DM Anschaffungskosten für den ererbten Grundstücksbruchteil geltend, soweit der Betrag auf das Gebäude entfiel.

Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1981 vom 30.11.1986 die von den Klägern geltend gemachte AfA nicht.

Er wies den gegen den Bescheid am 30.12.1986 eingelegten Einspruch mit Entscheidung vom 1.10.1987 … zugestellt am 2.10.1987 – als unbegründet zurück. Dagegen haben die Kläger am 2.10.1987 Klage erhoben. Sie tragen vor.

Die Erblasserin habe sich mit den Verwandten ihres verstorbenen Mannes, die sie zuvor als Universalerben habe einsetzen wollen, entzweit und deshalb den Entschluß gefaßt, ihr Vermögen, u. a. also den 2/3 Anteil am Haus in der … der Unicef zu hinterlassen. Sie, die Kläger, hätten aus familiären Gründen sehr an dem Haus in Hamburg … gehangen. Sie hätten befürchten müssen, daß die Unicef, wäre sie Erbe geworden, das Haus versteigert hätte, um die Grundstücksgemeinschaft auseinanderzusetzen und den ihr zugefallenen Bruchteil wirtschaftlich zu verwerten. Einen Verkauf ihres Bruchteilanteils an die Kläger – zu ihren Lebzeiten – habe die Erblasserin abgelehnt, weil die Mieteinnahmen aus dem Grundstück in nicht unerheblichem Maße zu den Kosten des Lebensunterhalt der Erblasserin beigetragen hätten. Im übrigen habe bei einem Verkauf des Anteils an die Kläger die Gefahr bestanden, daß die Freie und Hansestadt Hamburg aus verkehrspolitischen Gründen von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hätte. Die „formale” Erbeinsetzung des Klägers habe sich als der bestgeeignete Weg erwiesen, um sowohl den Interessen des Klägers als auch den Interessen der Erblasserin gerecht zu werden. Die Erblasserin habe auf diese Weise erreicht, daß im Ergebnis ihr gesamtes Aktivvermögen der Unicef zugeflossen sei. Er, der Kläger, sei rechtlich Inhaber des Grundstücksanteils geworden, ohne wertmäßig eine materielle Zuwendung aus dem Nachlaß zu erhalten. Diese nur formale Erbeinsetzung des Klägers habe auch bewirken sollen, daß dafür gesorgt, sein gutes Verhältnis zu den durch die Enterbung enttäuschten Verwandten der Erblasserin nicht beeinträchtigt werden würde. Die gewählte rechtliche Konstruktion der formalen Erbenstellung des Klägers habe auch eine problemlose Durchführung der übrigen Vermächtnisanordnungen sowie weiterer außertestamentarischer Anordnungen gewährleistet, ohne daß Abstimmungen mit den Organen der Unicef notwendig gewesen wären. Insoweit hab...

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