Entscheidungsstichwort (Thema)
Geringfügige Überschreitung der Einkunftsgrenze beim Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Auch die geringfügige Überschreitung der Einkunftsgrenze führt zum Wegfall des Kindergeldes.
Normenkette
EStG § 32
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die geringfügige Überschreitung der Einkommensgrenze in 1997 zum Wegfall des gesamten Kindergeldes im Streitjahr 1997 führt.
Der Kläger, geboren am ...06.1976, beantragte am 12.01.1998 die Auszahlung des Kindergeldes im Wege der Abzweigung an sich. In dem Zeitraum Januar 1997 bis Mai 1997 war der Kläger als Bauhelfer berufstätig. Im Juni und Juli 1997 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Im Juni 1997 vollendete er sein 21. Lebensjahr. Im Juli 1997 bemühte sich der Kläger um eine Ausbildungsstelle, die er im August 1997 erhielt.
Der Kläger hat von Juni bis Dezember 1997 folgende Einkünfte erzielt: Im August erhielt er eine Ausbildungsvergütung in Höhe von DM 964,00, da er in diesem Monat keine vermögenswirksame Leistung erhalten hat. In den Monaten September bis Dezember erhielt er jeweils DM 1.016,00, außerdem bekam er Weihnachtsgeld in Höhe von DM 410,00. In den Monaten September bis Dezember bezog er eine Ausbildungsbeilhilfe in Höhe von jeweils DM 174,00. In diesem Berufsausbildungsbeihilfen waren keine Leistungen zur Abdeckung eines Sonderbedarfs nach § 40 Abs. 1b Satz 2 AFG enthalten. Außerdem erhielt er in den Monaten Juni und Juli 1997 insgesamt Arbeitslosengeld in Höhe von DM 2.246,40. Der Kläger hatte im relevanten Zeitraum keine Unterhaltsansprüche gegenüber seinem Vater, die der Träger der Bundesausbildungsbeihilfe, auf sich übergeleitet hat. Dem Kläger sind die notwendigen Fahrtkosten, die Kosten für Lernmittel und alle weiteren Aufwendungen, die dem Kläger durch die Berufsausbildung erwachsen sind, mit einer Ausnahme erstattet worden, denn für die Anfertigung eines Gesellenstücks hat der Kläger im Dezember DM 100,00 an den Ausbildungsträger gezahlt, damit hiervon später die Materialkosten für das Gesellenstück finanziert werden können.
Mit Bescheid vom 24.04.1998 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen würden.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 16.07.1998 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einkommensgrenze seitens des Klägers überschritten werde.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 06.08.1998, beim Finanzgericht eingegangen am 14.08.1998 Klage beim Finanzgericht. Er bestritt die Überschreitung der zulässigen Einkommensgrenze, da seines Erachtens ein höherer Werbungskostenpauschbetrag als der von der Beklagten angesetzte, zur Anwendung gelangen müsste.
Durch Urteil vom 20.03.2002 (I 403/98) gab das Finanzgericht Hamburg der Klage statt und ließ die Revision nicht zu.
Durch Beschluss vom 10.12.2002 ließ der BFH auf Grund der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Revision zu (BFH VIII B 99/02). Durch Urteil vom 01.07.2003 wurde das Urteil I 403/98 aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen (BFH VIII R 96/02).
Das Verfahren bezüglich des Kindergeldes 1998 wurde zunächst abgetrennt und auf Antrag zum Ruhen gebracht. Nachdem das Verfahren wieder aufgenommen wurde, nahm der Kläger durch Schriftsatz vom 24.08.2004 die Klage (I 29/04) zurück.
Der Kläger ist der Ansicht, dass das Überschreiten der Einkommensgrenze in seinem Fall um DM 20,40 in 1997 nicht zum Wegfall des gesamten Kindergeldes in 1997 führen könne, da er hierdurch unangemessen benachteiligt würde. Die Ausgestaltung als Einkommensgrenze ohne fließende Übergänge in Form einer Anrechnung des überschießenden Einkommens auf den Kindergeldanspruch sei verfassungswidrig. Dies gelte insbesondere, wenn die Grenze nur minimal überschritten werde. Die Konsequenz, dass eine Überschreitung von 1 DM zu einem Verlust des Kindergeldes in Höhe von 3.000 DM führen könne, sei in einem Bereich, welcher sich im Grenzbereich zum Existenzminimum bewege, verfassungsrechtlich fraglich, insbesondere sei diese Regelung hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Artikel 6 GG bedenklich. Er bitte daher das Gericht, die Möglichkeit zu prüfen, ob ggf. ein Vorlagebeschluss verfasst werden könne. Sowohl bei den Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz als auch bei der Arbeitslosenhilfe seien die Übergänge jeweils gleitend gestaltet. Überschritten die Einkünfte des Berechtigten die Grenze des anrechnungsfreien Einkommens, würden die Leistungen anteilig verringert. Ein abrupter Wegfall, wie in der Kindergeldregelung des EStG, sei dort aus guten Gründen nicht vorgesehen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 24.04.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.07.1998 dahingehend abzuändern, dass das Kindergeld im Wege der Abzweigung dem Kläger ab Juli 1997 bis Dezember 1997 gezahlt wird.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Kosten für das Gesellenstück seien nicht geeignet, die relevanten...