Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung bei bewilligter Prozesskostenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
1) Nach bewilligter PKH und Obsiegen der Klage hat der Bevollmächtigte die Wahl, eine Kostenfestsetzung zugunsten des Beteiligten (§§ 103 ff. ZPO) oder im eigenen Namen (§ 126 Abs. 1 ZPO) zu beantragen, oder - alternativ bzw. ergänzend - gemäß § 55 RVG die (geringere) Vergütung aus der Staatskasse zu fordern.
2) Die Möglichkeiten zur Gebührenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO bzw. § 126 Abs. 1 ZPO stehen parallel und gleichwertig nebeneinander.
3) Es ist nicht die Aufgabe des Kostenbeamten, die für den Bevollmächtigten günstigste Gestaltungsmöglichkeit auszuwählen.
Normenkette
ZPO §§ 103, 126; RVG § 55; FGO § 155
Tatbestand
I. Die Erinnerungsführer hatten vertreten durch ihren Bevollmächtigten im Verfahren 5 K 629/09 wegen Einkommensteuer 1999 geklagt und sich dabei vor allem gegen den Ansatz eines Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG gewandt. Außerdem hatten die Erinnerungsführer mit Schreiben vom 17.3.2009 vor dem Hintergrund der Inhaftierung des Erinnerungsführers beantragt, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten zu bewilligen. Mit Beschluss vom 3.5.2010 wurde den Erinnerungsführern Prozesskostenhilfe für 5/6 der erstinstanzlichen Kosten des Hauptsacheverfahrens des Finanzrechtsstreits bewilligt; zur Wahrnehmung ihrer Rechte wurde ihnen der Bevollmächtigte beigeordnet, weil angesichts der zwischenzeitlich vorgelegten bzw. angebotenen Beweismittel von einer hinreichenden Erfolgsaussicht auszugehen sei.
Nachdem der Berichterstatter den Erinnerungsgegner darauf hingewiesen hatte, dass sich die relevante Beteiligungsgrenze gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 EStG bis zum 31.12.1998 auf mehr als 25 % belaufen habe, und außerdem darauf, dass das BVerfG zwischenzeitlich entschieden habe, dass die rückwirkende Absenkung der Beteiligungsgrenze verfassungswidrig gewesen sei, soweit in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen erfasst würden, die bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 am 31.3.1999 entstanden seien, änderte der Erinnerungsgegner den angefochtenen Bescheid. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und die Kosten des Verfahrens wurden mit Beschluss vom 17.4.2012 dem Erinnerungsgegner auferlegt.
Mit Schreiben vom 7.5.2012 beantragte der Bevollmächtigte, „die Kosten gegen den Verfahrensgegner gemäß §§ 103 ff. ZPO” – verzinslich (Hinweis auf § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) – festzusetzen (GA 5 K 629/09 Bl. 107, 108). Mit Beschluss vom 11.5.2012 (GA 5 K 629/09, Bl. 112) setzte der Kostenbeamte die vom Erinnerungsgegner „an die Kläger” (= Erinnerungsführer) zu erstattenden Kosten auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 512.368 EUR mit 7.136,91 EUR fest; die Kostenberechnung als solche ist unstreitig. Der Beschluss wurde den Beteiligten jeweils am 14. 5. 2012 gegen Fax-EB zum Zwecke der Zustellung (§ 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 174 Abs. 1 ZPO) übermittelt. Ausweislich der vorliegenden Empfangsbekenntnisse haben sowohl der Bevollmächtigte als auch der Erinnerungsgegner den Kostenfestsetzungsbeschluss jeweils am 14.5.2012 erhalten.
Unter dem 29.5.2012 wandte sich der Bevollmächtigte an den Erinnerungsgegner und forderte ihn unter Bezugnahme auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.5.2012 zur Überweisung des festgesetzten Betrags von 7.136,91 EUR zzgl. 34,51 EUR Zinsen auf. Darauf erklärte der Erinnerungsgegner mit Schreiben vom 30.5.2012 gegenüber den Klägern die Aufrechnung mit Steuerrückständen aus 2007. Der auf Schätzung beruhende Einkommensteuerbescheid für 2007 erging am 24.9.2008.
Mit Schreiben vom 19.6.2012 wandte sich der Bevollmächtigte erneut an das Gericht und machte geltend, ihm liege das Original des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 11.5.2012 nicht vor. Gleichzeitig beantragte er, „den Kostenfestsetzungsbeschluss wie folgt zu ergänzen bzw. zu berichtigen: Die zu erstattenden Kosten werden zu Gunsten des beigeordneten bevollmächtigten Rechtsanwalt A gemäß § 126 ZPO festgesetzt”.
Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Beschluss vom 16.11.2012 lehnte der Kostenbeamte den Antrag des Bevollmächtigten vom 19.6.2012 ab. Denn eine Kostenfestsetzung gemäß § 126 ZPO sei nicht mehr möglich, wenn die Kosten zuvor für die Partei selbst festgesetzt worden seien und das FA auf diese Kostenfestsetzung hin durch Auszahlung oder Aufrechnung geleistet habe. Daher sei der Erstattungsanspruch im Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 126 ZPO bereits erloschen gewesen.
Der Bevollmächtigte hält mit seiner Erinnerung vom 27.11.2011 an seinem Begehren fest und macht unter Bezugnahme auf seinen früheren Vortrag und den Beschluss des OLG Karlsruhe vom 11.7.2008 – 15 W 19/08 geltend, im Schriftsatz vom 7.5.2012 den Antrag gestellt zu haben, „die Kosten gegen den Verfahrensgegner gemäß § 103 ff. ZPO festzusetzen”; es sei nicht beantragt worden, die Kosten zu Gunsten der Erinnerungsführer festzusetzen. Da der Bevollmächtigte beigeordnet gewesen sei, habe das Gericht den An...