Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzbedingter Kaufpreisausfall wirkt nicht zurück
Leitsatz (redaktionell)
Der insolvenzbedingte Ausfall der Kaufpreisforderung ist grunderwerbsteuerrechtlich kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1; AO § 175 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH (A).
Die A betrieb seit 1998 den Ankauf, die vollständige Erschließung sowie die Verwertung von Bauland im Bereich des Plangebiets A1 in ungefährer Größe von 150.000 m². Zu diesem Zweck erwarb sie mit notariellem Kaufvertrag vom ….12.1998 vom Verkäufer B eine zuvor landwirtschaftlich genutzte Fläche von 68.977 m². Nach den Vorbemerkungen zum Kaufvertrag sollte die A das unbebaute Kaufobjekt nach dem von der Gemeinde A1 aufgestellten und rechtskräftigen Bebauungsplan erschließen und sodann nach Einzelparzellierung die erschlossenen Baugrundstücke verkaufen. Ausgehend von einem Quadratmeterpreis von 100 DM wurde ein Kaufpreis von 6.897.700 DM vereinbart. Nach den kaufvertraglichen Bestimmungen wurde der Kaufpreis bis zum weiteren Abverkauf der Baugrundstücke an Dritte gestundet. Im Einzelnen wurden unter § 2 Nr. 3 und Nr. 4 des Kaufvertrages folgende Vereinbarungen zur Fälligkeit des Kaufpreises getroffen:
Im Fall einer (Weiter-)Veräußerung eines Baugrundstücks sollte ein Kaufpreisteilbetrag fällig sein, der sich nach einem im Einzelnen geregelten Verfahren berechnete. Im Ergebnis sollte mindestens ein Betrag von 130 DM je Quadratmeter des veräußerten Baugeländes drei Monate nach Abschluss des rechtswirksamen Kaufvertrages fällig sein. Sollte der Kaufpreis bis einschließlich 31.12.2006 noch nicht vollständig fällig geworden sein, so wurde vereinbart, dass der gesamte, noch nicht fällig gewordene Restkaufpreis am 15.01.2007 fällig und zahlbar sein sollte. Der auf den Kaufpreis von 6.897.700 DM jeweils noch geschuldete Betrag sollte ab dem 01.01.1999 in Höhe des jeweils geltenden Diskontsatzes der C-Bank zu verzinsen sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten der getroffenen Vereinbarungen wird auf die notarielle Urkunde vom ….12.1998 (UR.-Nr. 1 der Notarin D) Bezug genommen.
Im Jahr 2006 geriet der Verkauf der Bauparzellen ins Schleppen. Eine vollständige Rückzahlung des Restkaufpreises einschließlich der aufgelaufenen Zinsen war der A daher zum vereinbarten Fälligkeitstermin (15.01.2007) nicht möglich. Am 01.06.2007 vereinbarten die Vertragsparteien eine Verlängerung der Tilgungsabsprache unter gleich bleibenden Bedingungen sowie eine neue Endfälligkeit auf den 01.01.2017. Die restliche Kaufpreisforderung war in der Prolongationsvereinbarung vom 01.06.2007 mit 1.297.207,76 EUR angegeben, die vereinbarten aufgelaufenen Zinsen mit 469.240,13 EUR. Da die A in der Folge der Hausbank gegenüber die laufenden Zinsen nicht mehr zahlen konnte, kündigte diese die Geschäftsverbindung auf. Die A musste dementsprechend am 10.06.2009 Insolvenzantrag stellen. Mit Beschluss des Amtsgerichts E vom ….05.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eröffnet und der Kläger (Rechtsanwalt F) zum Insolvenzverwalter bestellt. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren auf den Kaufpreis Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 5.022.180 DM erbracht worden. Insoweit wird auf die Aufstellung der A (Bl. 20 – 22 der Akten) verwiesen. Die gegenüber den Sicherungsmitteln für die Erschließungsfinanzierung nachrangige Grundschuld des Veräußerers wurde wertlos, so dass dieser mit seinen Restansprüchen ausfiel.
Aus dem Kaufvertrag vom ….12.1998 setzte der Beklagte mit Bescheid vom 15.07.1999 zunächst ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 6.897.700 DM Grunderwerbsteuer von 241.419 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Auf den Einspruch der A setzte der Beklagte mit Bescheid vom 22.11.1999 die Grunderwerbsteuer auf 219.691 DM herab. Er folgte insoweit dem Einwand der A, dass die Kaufpreisverbindlichkeit niedrig verzinst sei und der Abzinsung nach § 12 des Bewertungsgesetzes (BewG) bedürfe. Ausgehend von einem C-Bank-Diskontsatz von 2,5 % und dem Nominalzinssatz von 5,5 % nach § 12 BewG ermittelte er einen Grenzzinsfuß von 3 %. Dies führte zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die Gegenleistung von 620.793 DM. Den Bescheid erließ er vorläufig nach § 165 der Abgabenordnung (AO) „hinsichtlich des Kapitalwerts der Zinsdifferenzen, sofern der Kaufpreis niedrig verzinslich länger als ein Jahr gestundet bleibt, wegen der endgültigen Höhe des Kaufpreises und der Höhe der Abzinsung. Laut Bewertungsgesetz beträgt der Grenzzinssatz 3 %.”
Unter dem 05.01.2010 beantragte die Klägerin die Herabsetzung der festgesetzten Grunderwerbsteuer auf der Grundlage einer Bemessungsgrundlage von 3.768.282 DM. Zur Begründung führte sie an, dass angesichts der beantragten Insolvenzeröffnung der Verkäufer mit seiner Restkaufpreisforderung vollständig ausfalle. Dies gelte auch für die vereinbarten Zinsen. In Erman...