Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht öffentlich-rechtlicher Stiftungen auch nach § 3 Abs. 1 KStG möglich
Leitsatz (redaktionell)
§ 3 Abs. 1 KStG ist eine selbstständige Anspruchsgrundlage, durch die der Katalog der steuerpflichtigen Gebilde des § 1 KStG - auch bezüglich öffentlich-rechtlicher Gebilde - erweitert wird.
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG auf Seiten des von der Stiftung Begünstigten genügt, um den Tatbestand des § 3 Abs. 1 KStG zu erfüllen.
Normenkette
KStG § 3 Abs. 1, § 1 Abs. 1, 1 Nrn. 5-6; EStG § 3 Nr. 11
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin hinsichtlich der Erträge aus der Stiftung … körperschaftsteuerpflichtig ist.
Der am … verstorbene … errichtete im Jahr … ein Testament, nach dem dieser das Gut … der Armenverwaltung der Stadt … zum Zwecke einer zu verwaltenden besonderen Stiftung vermachte. Die Erträge dieser Stiftung sollten nach Abzug der Verwaltungskosten für Stipendien für die Erziehung und Ausbildung von jeweils … Kindern aus der Nachkommenschaft der … des Erblassers verwendet werden. Im Falle des Aussterbens dieser Nachkommenschaft sollte die Stiftung den Bürgerkindern der Stadt … zu Gute kommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Testament Bezug genommen.
Die Stadt … nahm die Stiftung an. Nachdem die Königliche Regierung am … die erforderliche Genehmigung erteilt hatte, sah die Stadt … die Stiftung als „ins Leben getreten” an. Noch im Jahre … übernahm die Stadt das Gut in das Gemeindevermögen und verwaltete es in der Folgezeit – gesondert von ihrem übrigen Vermögen – entsprechend den Anordnungen des Stifters.
Seit … wurde die Stiftung mit Genehmigung des Regierungspräsidenten … auf der Grundlage einer vom Rat der Stadt … beschlossenen, nicht veröffentlichten „Satzung der Stiftung …” vom … als gemeinnützige und mildtätige Stiftung verwaltet. Entsprechend dieser Satzung wurden nur noch bedürftige Nachkommen des Stifters und diese nur noch in Höhe des Sozialhilfesatzes gefördert. Die überschießenden Mittel wurden zur Unterstützung von bedürftigen … Kindern verwandt.
Auf Grund dieser Handhabung wurde die Stiftung in Übereinstimmung mit mehreren Betriebsprüfungen vom Beklagten in der Folgezeit als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt und von der Körperschaftsteuer befreit.
Im Jahre … beantragte ein Nachkomme des Erblassers bei der Stadt …, ihm ein Stipendium aus den Stiftungserträgen zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Stadt … mit Bescheid vom … unter Hinweis darauf ab, dass der Antragsteller seine Bedürftigkeit im Sinne der Stiftungssatzung nicht nachgewiesen habe.
In dem sich anschließenden Verwaltungsrechtsstreit hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom …, auf das wegen der Begründung im Einzelnen verwiesen wird, entschieden, dass die Stiftung … im Jahre … als öffentlich-rechtliche unselbstständige kommunale Stiftung entstanden sei. Ferner wurde festgestellt, dass die Stiftungssatzung aus dem Jahre … nichtig sei, weil sie eine unzulässige Änderung des Stiftungszwecks enthalte.
Das vorgenannte Urteil wurde dem Beklagten im Jahre … bekannt. Er gelangte daraufhin zu der Auffassung, dass die Stiftung als öffentlich-rechtliche unselbstständige kommunale Stiftung nicht gemeinnützig sei, da eine Förderung der Allgemeinheit deshalb nicht gegeben sei, weil der geförderte Personenkreis nur eine Familie umfasse. Die Stiftung sei aber auch nicht mildtätig, da Bedürftigkeitsbestimmungen im Testament nicht enthalten seien. Eine Steuerpflicht sei dennoch nicht gegeben, weil die Verwaltung des Stiftungsvermögens keine privatwirtschaftliche Betätigung am allgemeinen Wirtschaftsleben zur Erzielung von Einnahmen darstelle. Die erhaltenen Beträge seien vielmehr von den Zuwendungsempfängern nach § 22 Nr. 1 EStG zu versteuern.
Da die Zuwendungsempfänger in der Folgezeit eine Steuerpflicht der erhaltenen Beträge mit Erfolg bestritten, änderte der Beklagte seine o.g. Rechtsansicht und vertrat nunmehr die Ansicht, dass die Stiftung nach § 3 Abs. 1 KStG körperschaftsteuerpflichtig sei, da ihr Einkommen weder nach dem KStG noch nach dem EStG unmittelbar bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern sei. Die Klägerin stimmte dieser Ansicht zunächst zu und gab in der Folgezeit Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre ab … ab, in denen sie Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung erklärte und die der Beklagte den entsprechenden Bescheiden zu Grunde legte.
Erst auf Betreiben der Zuwendungsempfänger revidierte die Klägerin ihre Ansicht und bestreitet seitdem, dass die Stiftung körperschaftsteuerpflichtig sei. Sie legte daher gegen die Körperschaftsteuerbescheide …, … und … Einsprüche ein, die der Beklagte, nachdem für … am … ein hinsichtlich des Steuersatzes verbösernder Änderungsbescheid ergangen war, mit Einspruchsentscheidungen vom … als unbegründet zurückwies. Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheid für … wurde zunächst nicht angefochte...