Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlungspflicht des FA und Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Abfindungszahlungen bei Änderung wegen neuer Tatsachen
Leitsatz (redaktionell)
1) Das FA verletzt seine Ermittlungspflicht und ist an der späteren Änderung des Steuerbescheids wegen neuer Tatsachen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gehindert, wenn es ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen die Angaben des Steuerpflichtigen zu den ermäßigt zu besteuernden Entschädigungsleistungen im Rahmen einer vorbehaltlosen Einkommensteuerveranlagung übernimmt.
2) Den Steuerpflichtigen trifft keine Mitwirkungspflichtverletzung hinsichtlich der unterbliebenen Aufklärung des der gewährten Abfindungs- und Entschädigungszahlung zugrunde liegenden tatsächlichen Geschehensablaufs, wenn er die hierfür relevanten Unterlagen nicht beigebracht hat und vom FA auch nicht zur Beibringung aufgefordert worden ist.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1, 1 Nr. 1, §§ 88, 90; EStG § 3 Nr. 9, § 24 Nrn. 1, 1a, § 34
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt gewesen ist, die bestandskräftige Steuerfestsetzung für das Streitjahr im Hinblick auf die zunächst gewährte Steuerfreiheit i.S.d. § 3 Nr. 9 EStG sowie die zunächst anerkannte Tarifermäßigung i.S.d. §§ 24 Nr. 1a, 34 EStG gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.
Die Kläger waren bis zum 31. Dezember 1993 Gesellschafter der Firma A- GmbH (GmbH) mit Sitz in B. Dabei war der Kläger zu 95 % und die Klägerin zu 5 % an der GmbH beteiligt. Der Kläger war zudem alleiniger Geschäftsführer der GmbH.
Mit notariellem Vertrag vom 27. Mai 1993 veräußerten die Kläger ihre Geschäftsanteile an der GmbH an einen Herrn C in B. Gemäß Ziffer 9 dieses Vertrages verpflichtete sich der Kläger, die Geschäftsführung der Gesellschaft mit dem 31.12.1993 niederzulegen. Weiterhin wurde vereinbart, daß zu diesem Zeitpunkt auch der Anstellungsvertrag des Klägers mit der Gesellschaft enden sollte. Die Kläger verpflichteten sich weiterhin den Käufer und die GmbH von allen etwaigen Ansprüchen des Klägers als Geschäftsführer freizustellen, die aus einem Zeitraum nach dem 31.12.1993 resultieren sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag über den Verkauf und die Abtretung sämtlicher Geschäftsanteile an der GmbH vom 27. Mai 1993 vor dem Notar D in B, Urkundenrollennr. …–… für 1993 verwiesen.
Gemäß dem Protokoll über die am 28. Mai 1993 abgehaltene Gesellschafterversammlung beschlossen die Kläger als Gesellschafter der GmbH sodann die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers zum 31.12.1993 sowie die Zahlung einer Abfindung an den Kläger zum Ausgleich aller durch die Vertragsauflösung entstandener und in Zukunft entstehender Nachteile. Beschlossen wurde auch, den dem Kläger zustehenden Pensionsanspruch durch eine einmalige Zahlung abzugelten.
Die Kläger beschlossen weiterhin den Verkauf aller Geschäftsanteile an der GmbH an Herrn C in B. In dem Protokoll ist weiterhin festgehalten, daß der Käufer der Geschäftsanteile, Herr C, nicht bereit sei, den Kläger als Geschäftsführer über den 31.12.1993 hinaus zu beschäftigen. Aus diesem Grunde werde der Anstellungsvertrag zwischen der GmbH und dem Kläger einschließlich der ergänzenden Vereinbarung durch einen Aufhebungsvertrag zum 31.12.1993 beendet.
Zugleich beschlossen die Kläger als Gesellschafter der GmbH, dem Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Entschädigung in Höhe eines Jahresbruttogehalts von 180.000,00 DM zu zahlen. Ferner wurde beschlossen, dem Kläger seine Pensionsansprüche durch eine einmalige Zahlung in Höhe von 85.000,00 DM abzugelten. Die dem Kläger insoweit zustehende Gesamtsumme belaufe sich dann auf 265.000,00 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Beschlußfassungen wird auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 28. Mai 1993 (Bl. 16 und 17 der Gerichtsakte) hingewiesen.
Am 31. Mai 1993 schloß die GmbH sodann mit dem Kläger einen Aufhebungsvertrag, wonach das bestehende Arbeitsverhältnis einvernehmlich aus betriebsbedingten Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers zum 31.12.1993 ende, der Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Entschädigung in Höhe von brutto 180.000,00 DM, zahlbar im Dezember 1993, erhalte und desweiteren die dem Kläger zustehenden Pensionsansprüche durch die Zahlung eines Betrages in Höhe von 85.000,00 DM abgegolten würden, wobei auch dieser Betrag im Dezember 1993 zu zahlen sei.
Weiterhin wurde vereinbart, daß der Kläger bis zur Beendigung seiner Tätigkeit, also bis zum 31.12.1993, alle vertraglich zugesicherten Vergünstigungen, also auch die Zahlung der Tantieme und das 13. Monatsgehaltes erhalte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aufhebungsvertrag vom 31. Mai 1993 (Bl. 18 der Gerichtsakte) verwiesen.
Im Rahmen ihrer, unter Mitwirkung ihres steuerlichen Beraters erstellten, Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger sodann unter Kennziffer 10 der Anlage N den aus der Tätigkei...