Entscheidungsstichwort (Thema)
DBA-Italien -- Besteuerungsrecht bei Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit
Leitsatz (redaktionell)
Gehälter für eine Beschäftigung im privaten Dienst im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind nicht gemäß Art. 24 Abs. 3 Buchst. a, Art. 15 DBA-Italien von der Besteuerung freizustellen, wenn der Arbeitnehmer unwiderruflich von der Arbeit freigestellt und deswegen nicht mehr aktiv in Italien tätig ist.
Normenkette
DBA-Italien Art. 24 Abs. 3 Buchst. a, Art. 15; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten für das Streitjahr – 2002 – über das Besteuerungsrecht Deutschlands für Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nach seiner Freistellung von der Arbeitspflicht.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Der Kläger war seit 1998 für die in A/Italien (Südtirol) ansässige B Srl. nichtselbständig tätig. Am 29.10.2001 schloss er mit der B Srl. eine Beendigungsvereinbarung. § 1 dieser Vereinbarung lautet:
§ 1
Der zwischen den Parteien bestehende Dienstvertrag vom 12/20-Oktober-1998 endet am 31-Dezember-2003, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Herr C wird unter Fortzahlung seiner sämtlichen Bezüge unwiderruflich und unter Anrechnung der ab der Unterzeichnung dieser Vereinbarung entstehenden Urlaubsansprüche von seiner Arbeit freigestellt.
Während seiner Freistellung findet der bestehende Dienstvertrag mit Ausnahme der Bestimmungen, die seine Arbeit regeln und die Vertragsbeendigung betreffen, uneingeschränkt Anwendung.
§ 3 der Vereinbarung sieht vor, dass der Kläger während der Dauer der Freistellung eine Nebentätigkeit aufnehmen könne, soweit diese nicht in Konkurrenz zu der B Gruppe stehe. Der in § 1 genannte Dienstvertrag hatte hierzu in § 1 Nr. 3 vorgesehen, dass der Kläger seine Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zu widmen habe. § 7 der Beendigungsvereinbarung sieht vor, dass der Kläger das Dienstverhältnis ohne Angabe von Gründen kündigen könne. Erfolge durch die Kündigung die Beendigung des Dienstverhältnisses vor dem 31.12.2003, werde die Gehaltsdifferenz zwischen dem Ausscheidungszeitpunkt und dem 31.12.2003 zu 50 v.H. als Abfindung zum Beendigungszeitpunkt ausgezahlt. § 10 der Vereinbarung regelt schließlich, dass der Kläger die gesetzliche Abfertigung zum Ausscheidungszeitpunkt erhalte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Beendigungsvereinbarung Bezug genommen.
Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Kläger bis Ende März 2002 ihren Hauptwohnsitz in Italien hatten und daher bis dahin alleine dort als ansässig i.S. des DBA Italien gelten; sie gehen weiter übereinstimmend davon aus, dass die Kläger Anfang April 2002 den italienischen Wohnsitz aufgegeben haben und nach Deutschland zurückgezogen sind.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr deklarierten die Kläger – soweit hier von Belang – bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 80.355 EUR und einen nach dem DBA Italien steuerfreien Arbeitslohn in Höhe von 83.944 EUR. Beigefügt war eine Lohnsteuerbescheinigung der Gebr. D KG aus E, ausweislich derer der Kläger für die Zeit vom 1.8. bis 31.12.2003 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 80.355 EUR bezogen hatte. In einer weiteren Anlage „Einkünfte nichtselbst. Arbeit Italien” gab der Kläger an, er habe einen Bruttolohn in Höhe von 89.085,43 EUR bezogen, dem Werbungskosten in Gesamthöhe von 5.140,63 EUR (davon Umzugskosten in Höhe von 4.766,41 EUR) gegenüberstünden. Auf Nachfrage des Beklagten gab er hierzu an, er sei seit April 2001 von seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der B Srl. freigestellt. Gemäß Vertrag seien die laufenden Bezüge bis August 2002 weitergezahlt worden. Die in der Gehaltsabrechnung August ausgewiesenen kumulierten Werte wiesen ein Steuerbrutto in Höhe von 89.085,43 EUR – ohne Abfindungszahlung – aus. Die italienische Lohnsteuer habe die B Srl. an die italienische Finanzverwaltung abgeführt. Hierzu legte er eine Bestätigung der Fa. D., A, vom 26. März 2009 vor, ausweislich derer die einbehaltene italienische Steuer 31.600,76 EUR betragen habe.
Der Beklagte vertrat hierzu die Auffassung, der Kläger habe aufgrund der Freistellung keine Tätigkeit mehr in Italien ausgeübt. Soweit seine Arbeitsleistung in einem Sich-zur-Verfügung-halten bestanden habe, ohne dass es zu einer Tätigkeit gekommen sei, werde die Arbeitsleistung dort erbracht, wo sich der Arbeitnehmer aufhalte, im Falle des Klägers also in Deutschland. Entsprechend erließ er am 12.11.2009 einen Einkommensteuerbescheid 2002, in dem er Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 169.440 EUR (= 80.355 EUR + 89.085 EUR) zugrundelegte. Die festgesetzte Steuer betrug danach 51.230 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
Hiergegen legten die Kläger am 9.12.2009 Einspruch ein.
Im Zuge des Einspruchsverfahrens trug der Kläger vor, er sei bis zur Aufnahme se...