Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung eines Kommanditanteils mit einem aufgrund eines negativen Kapitalkontos negativen Wert des Gesamthandsvermögens. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 15/23)
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Aufteilung des nach § 109 Abs. 2 BewG ermittelten gemeinen Werts des einer Kommanditgesellschaft gehörenden Betriebsvermögens (Gesamthandsvermögen) gemäß § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG kann dem Kommanditisten ein negativer Wert des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft dann nicht zugerechnet werden kann, wenn er seine Kommanditeinlage vollständig erbracht hat und soweit er nicht nachschusspflichtig ist (Anschluss an R B 97.3 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011 sowie R B 97.5 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2019; Abgrenzung zu BFH, Urteil v. 17.6.2020, II R 43/17, BStBl 2022 II S. 13). Diese einschränkende Auslegung des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG ist zur Vermeidung von missbräuchlichen Steuergestaltungen erforderlich.
Normenkette
BewG § 11 Abs. 2 S. 3, § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Sätze 1-2, Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a, § 109 Abs. 2, § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; ErbStR 2011 R B 97.3 Abs. 1 S. 3; ErbStR 2019 R B 97.5 Abs. 5 S. 2; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3; HGB § 171 Abs. 10
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 des Bewertungsgesetzes -BewG-) nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG auf den 13. Januar 2016 für Zwecke der Schenkungsteuer.
Der Kläger war … Einzelunternehmer (…). Im Jahr 2012 wurde das Einzelunternehmen im Wege der Ausgliederung nach § 152 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) und §§ 123 ff. UmwG (gegen Gewährung von Anteilen) (…) auf die X-KG ausgegliedert. Gegenstand der X-KG (eingetragen im Handelsregister des AG Y unter HRA XXXX) ist der Betrieb (…). Der Kläger war (infolge der Ausgliederung) einziger Kommanditist der X-KG mit einem Kommanditanteil von 100.000 EUR, die persönlich haftende X Verwaltungs-GmbH (im Folgenden X-GmbH) ist „am Kapital und am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt”. Die Kommanditeinlage wurde durch den Kläger (u.a. durch die Einbringung seines Einzelunternehmens in die X-KG) vollständig erbracht. Eine vertraglich vereinbarte Nachschusspflicht des Kommanditisten besteht nicht. Im § 5 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der X-KG ist geregelt, dass „spätere Gewinne bis zum Kontenausgleich über das Verlustausgleichskonto zu verrechnen” sind. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den notariellen Ausgliederungsvertrag vom 17. August 2012 (UrkNr. XXX/2012 des Notars XY) sowie auf den Vertrag über die „Errichtung einer Kommanditgesellschaft” vom 12. Juli 2012, den Gesellschaftsvertrag der KG sowie den Beschluss der Gesellschafterversammlung der X-KG verwiesen.
Der Kläger war des Weiteren Inhaber einer Forderung gegenüber der X-KG, die auf dem für ihn bei der X-KG geführten Darlehenskonto erfasst wurde und deren Wert zum 31. Dezember 2014 mit 2.558.108,18 EUR erfasst wurde; diese Forderung wurde in der Steuerbilanz der X-KG als Sonderbetriebsvermögen erfasst.
Mit Anteilsübertragungsvertrag vom 7. Dezember 2015 („Vertrag über Kommanditanteilsübertragung”), auf den wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, übertrug der Kläger unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seinem „festen Kapitalanteil” an der X-KG einen Anteil i. H. v. 90.000 EUR, entsprechend 90 % seines Festkapitalanteils, mit Wirkung auf den Zeitpunkt, zu welchem der Erwerber als Kommanditist der X-KG kraft Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister eingetragen wird, frühestens jedoch mit Wirkung zum 31. Dezember 2015, an seinen Neffen, Herrn Z. Ferner übertrug der Kläger im Rahmen des o.g. Anteilsübertragungsvertrags – ebenfalls aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der o.g. Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister – unentgeltlich im Wege der Abtretung an Z eine (gegen die X-KG gerichtete) Forderung i.H.v. 1,5 Mio. EUR. In § 4 des o.g. Anteilsübertragungsvertrag vom 07. Dezember 2015 ist geregelt, dass der Kläger die Schenkungsteuer zu tragen hat.
Mit dem Zeitpunkt der Eintragung der o.g. Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister am 13. Januar 2016 wurde die Übertragung des (90%igen) Kommanditanteils vom Kläger auf Z rechtswirksam; so ist aus dem amtlichen Ausdruck des Handelsregisters (…), auf den wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, ersichtlich, dass mit Wirkung zum 13. Januar 2016 als Kommanditisten der X-KG der Kläger mit einer Einlage von 10.000 EUR und Z mit einer Einlage von 90.000 EUR eingetragen waren.
Ausgehend von der vom Kläger eingereichten Feststellungserklärung stellte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 27. Mai 2020 über die gesonderte und einheitliche Feststellung zum Bewertungsstichtag 13. Januar 2016 (im Folgenden: Feststellungsbescheid) den Wert ...